Übertraining, Wissenschaft, Belastung, Training, Gefahr
Übertraining als Gefahr: Belastung und Erholung optimieren

Ins Risiko

Übertraining als Gefahr: Belastung und Erholung optimieren

Wer viel und hart trainiert, bewegt sich am Rand – am Rand einer Abwärtsspirale. Ein großes Risiko im Sport, und die Ursache für viele Leistungsstagnationen, lautet: Übertraining. Die Ursachen, die Lösungen plus Tipps für mehr Leistung – Einblicke.
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Herzfrequenz: 170, 175, 180 Schläge pro Minute. Steilheitsgrad der Straße: acht, neun, zehn Prozent. Geschwindigkeit und Leistung: frustrierend. Fast jeder hat seine „Teststrecke“, seinen „Hausberg“, seinen Arbeitsweg, seinen Ortsschildsprint-Abschnitt. Ergo: eine Strecke, auf der man sich selbst immer wieder testet. Hier sieht man seine Fortschritte – anhand objektiver Daten oder anhand des Körpergefühls. Oder eben nicht.

Wer trainiert, wird besser. Das ist die Grundmechanik des Sports. Doch: So einfach ist es nicht. Je länger man dabei ist, je höher das eigene Fitnesslevel ist, desto schwieriger ist es, besser beziehungsweise schneller zu werden. Man muss immer mehr investieren – Zeit, Schmerz, Anstrengung – um immer kleinere Fortschritte zu machen. Das ist der „Fluch“ des Leistungssports. Und: Es ist ein Risiko. Oder anders gesagt: ein Vabanquespiel.

Übertraining: Diagnose und Symptome

Es droht: Übertraining – ergo ein Leistungsverlust trotz hoher Trainingsaufwände. Die Regeneration gelingt auch in den Erholungsphasen nicht. Der Körper kann sich nicht angemessen auf die nächste Belastung vorbereiten. Das Ergebnis: Das Leistungsniveau nimmt ab – man trainiert sich „in den Keller“.

Die Symptome zeigen sich oft nicht nur in körperlicher, sondern auch in mentaler Art: Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit. Durch die Vielzahl und die individuellen Ausprägungen der Symptome ist die Diagnose „Übertraining“ nicht einfach. Die Häufigkeit der Fälle unter Sportlern wird in der Forschung mit zehn bis 64 Prozent sehr breit angegeben – dazu kommen hohe Rückfallraten.

Dr. Sarah Jakowski, Sportwissenschaftlerin an der Ruhr-Universität Bochum, forscht unter anderem auf dem Gebiet von Erholungsstrategien. Sie beschreibt Übertraining als einen Prozess, der sich über mehrere Wochen oder Monate erstreckt. „Charakteristisch ist, dass die Leistung stagniert oder sogar abnimmt, obwohl ausreichend trainiert wird. Wenn falsche Trainingsgestaltung – in der Regel eine Mischung aus zu viel, zu häufig und zu intensiv – auf mangelhafte Regenerationsphasen trifft, kommt eine schädliche Kaskade in Gang, die den Athleten im schlimmsten Fall physisch und psychisch für Monate, manchmal sogar Jahre ausbremst.“

Oft werden die Symptome nicht auf ein Übertraining zurückgeführt, sondern etwa auf eine Depression. Ein Hauptmerkmal von echtem Übertraining gegenüber den ihm vorangehenden Phasen ist die Persistenz der Symptome über Wochen, manchmal sogar Monate. Während die kurzzeitige funktionale Überlastung im Rahmen der sogenannten Reizstufen-Regel sogar notwendig ist, um physische Leistungssteigerungen zu erreichen, führt dies zu einem hohen Risiko: zu viel zu trainieren – beziehungsweise sich nicht ausreichend zu erholen.

Die Diagnose „Übertraining“ ist letztlich meist nur durch ein Ausschlussverfahren zu diagnostizieren. Laborparameter wie Blutwerte lassen darauf oftmals nur bedingt und indirekt schließen. Vielmehr sind trainingsbedingte Faktoren wie eine zu hohe Wettkampfdichte, ein sehr hohes Trainings-Pensum, Monotonie und Schlafstörungen Indikatoren für ein Übertraining.

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Emotionen und Entscheidungen

Französische Wissenschaftler beschäftigten sich in einer Studie explizit mit den mentalen Ermüdungserscheinungen des Übertrainings und dessen Auswirkungen. Die Ergebnisse stellten sie in der Fachzeitschrift „Current Biology“ vor.

Sie verglichen eine Gruppe von 19 männlichen Triathleten um die 35 Jahre, deren Trainingsvolumen drei Wochen lang um rund 40 Prozent angehoben wurde, mit einer gleichaltrigen Vergleichsgruppe von 18 Triathleten, die ihr normales Trainingspensum weiterverfolgten. Die Leistungssportler, die zu viel trainierten, zeigten nicht nur übermäßige physische, sondern auch mentale Ermüdungserscheinungen.

Diese zeigten sich auch im Verhalten der Athleten: Sie handelten impulsiver. In der Studie konnten die Sportler sich etwa entscheiden, ob sie lieber 80 Euro sofort oder 100 Euro in zwei Wochen bekommen wollten. Die Athleten der Gruppe, die eine zu hohe Trainingsintensität verfolgte, entschieden sich eher für die unmittelbare als für die längerfristige und dafür größere Belohnung.

Die Wissenschaftler leiten daraus auch eine Ursache für Übertraining ab: Die Sportler hören trotz schmerzender Muskeln nicht auf zu trainieren, da sie dadurch in dem Moment ein höheres Leistungsempfinden haben. Die Gehirnregion, die auf das übermäßige Sporttraining reagierte, war laut den Forschern die gleiche, die in vorhergehenden Studien auf extreme mentale Belastungen reagierte. Dieser Bereich des Gehirns könnte demnach mitentscheidend sein. Für das Trainingspensum bedeutet dies: „Man muss sich bewusst dafür entscheiden aufzuhören, wenn beim Ausdauertraining etwa die Muskeln oder Gelenke schmerzen, um einen langfristigen Trainingserfolg zu erzielen“, sagt Mathias Pessiglione, der Studienleiter. Ausdauersport sei zwar generell gut für die Gesundheit, Übertraining jedoch könne ungünstige Effekte auf das Gehirn haben, schlussfolgern die Wissenschaftler. „Wir haben herausgefunden, dass man nicht die gleichen Entscheidungen trifft, wenn das Gehirn stark ermüdet ist“, sagt Pessiglione.

Stoffwechsel und Training

Das Übertraining kann neben körperlichen und mentalen Symptomen auch unmittelbare Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben.

Filip Larsen von der Schwedischen Schule für Sport- und Gesundheitswissenschaften forscht zum Bereich Übertraining. Sein Studiendesign: Larsen und seine Kollegen rekrutierten elf gesunde junge Menschen und unterzogen sie einem vierwöchigen, immer intensiver werdenden Trainingsprogramm auf Rad-Ergometern. Dabei wurden ständig die Glukosetoleranz und die Mitochondrien-Funktion überwacht.

In der härtesten Woche zeigten die Probanden eine Insulinresistenz und andere schädliche Stoffwechselveränderungen. Diese Veränderungen sind bemerkenswert: Normalerweise verbessert sich die kardio-metabolische Gesundheit mit zunehmendem Trainingsumfang.

Doch die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es einen Punkt gibt, an dem diese Vorteile nicht mehr gegeben sind: den Kipppunkt. Anders gesagt: Jene Zone, in der „viel“ „zu viel“ wird. Dann, wenn das Gleichgewicht aus Belastung und Erholung nicht mehr gegeben ist.

Tatsächlich zeigten die Mitochondrien der Probanden – die anhand von Muskelbiopsien entnommen wurden – in den ersten zwei Wochen des Trainingsprogramms eine erhöhte Kapazität. Das Trainingsprogramm: Auf ein Aufwärmen folgten hochintensive vier- bis achtminütige Intervalle. Dazwischen: je dreiminütige aktive Pausen. Anfangs umfasste das Training insgesamt 36 Minuten hochintensiver Intervalle über eine Woche verteilt. In der folgenden Woche absolvierten die Probanden dann insgesamt 90 Minuten Intervalle. Die Forscher stellten unter anderem fest, dass sich die mitochondriale Atmung, ein Maß für die Stoffwechseleffizienz, in dieser Zeit verbesserte, ebenso wie einige physiologische Parameter wie der Sauerstoffverbrauch.

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Übertraining: Studien und Fehler

Dies änderte sich in der dritten Woche. Der Grund: die erhöhte Trainingsbelastung. Die Teilnehmer absolvierten innerhalb dieser sieben Tage insgesamt 152 Minuten Intervalle. Der Effekt: Die mitochondriale Atmung der Probanden sank um durchschnittlich 40 Prozent – im Vergleich zu den Werten der Vorwoche. Dies ist vergleichbar mit den Veränderungen, die man bei Menschen sieht, die beginnen, Diabetes oder eine Insulinresistenz zu entwickeln. Darüber hinaus sank die Glukosetoleranz der Probanden – gemessen anhand des Glukosespiegels vor und nach dem Verzehr eines süßen Getränks.

Nach der Folgewoche, in der die Probanden „nur“ 53 Minuten Intervalltraining absolvierten, kehrten die meisten Messwerte wieder in den Normbereich zurück. Der Sauerstoffverbrauch und die Leistungsabgabe der Probanden während des Trainings waren nach der Erholungsphase höher als zu Beginn oder zu einem anderen Zeitpunkt während des Experiments. Die mitochondriale Atmung hatte sich jedoch bis zum Ende des Experiments nicht vollständig regeneriert – und fiel auch nach dieser „Erholungsphase“ um durchschnittlich 25 Prozent niedriger aus als nach der moderaten Woche.

In einem zweiten Teil des Experiments überprüften die Forscher den Blutzuckerspiegel von 15 Spitzensportlern, die keinerlei Intervention unterzogen wurden, sowie von vergleichbaren Kontrollpersonen, die keine Athleten waren. Im Durchschnitt waren die Werte der beiden Gruppen über einen bestimmten Zeitraum von 24 Stunden etwa gleich – doch die Sportler verbrachten längere Zeit mit Blutzuckerwerten über oder unter dem Normalbereich. Obwohl in der Studie nicht untersucht wurde, ob und welche langfristigen gesundheitlichen Folgen ein übermäßiges Training haben könnte, sieht Larsen die Auswirkungen der Ergebnisse vor allem als akademisch an. Schließlich lebten Spitzensportler in der Regel sehr gesund und zudem sei zu wenig Bewegung ein weitaus häufigeres Problem als zu viel.

In der Tat ist fraglich, inwieweit das extrem exzessive Training der dritten Woche auf Leistungssportler in der „echten Welt“ übertragbar ist. Die Studienlage zeigt, dass das Übertraining ein reales Problem – insbesondere für ambitionierte Hobby- und Leistungssportler – sein kann. Die Schwelle, wann ein Athlet ins Übertraining gerät, ist, auch das zeigt die Studienlage, extrem individuell.

 

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Wie kann ich Übertraining vorbeugen?

Dies gilt auch für dessen Ausprägung. Nicht immer ist der reale Leistungsabfall sofort deutlich zu erkennen. Oftmals ist es ein schleichender langwieriger Prozess. Darum ist es auch nicht möglich, eine allgemeine „Toleranz-Grenze“ für Trainings-Belastungen festzulegen. Stattdessen können andere Faktoren nützlich sein, um dem vorzubeugen: ausreichender Schlaf und Regenerationsphasen, Trainingspausen, eine gesunde Ernährung und weniger Alltagsstress etwa.

Hinsichtlich des Trainings kann eine stärkere Periodisierung sinnvoll sein. Hochintensive Einheiten wechseln sich nach einem bestimmten Prinzip mit weniger belastenden Grundlagen-Einheiten ab. Dies kann auch die Monotonie des Trainings brechen und für mehr Abwechslung sorgen. Wird ein Übertraining diagnostiziert, sollte man eine komplette Trainingspause einlegen – bis man sich wieder vollständig erholt hat.

Ein typischer Fehler, gerade im Hobbysport-Bereich ist es, sich auch während der „ruhigen“ Einheiten zu stark zu belasten. Ein potenzielles Gegenmittel – neben der Überwachung der objektiven Watt- und Herzfrequenz-Werte sowie dem wichtigen Charaktermerkmal der Selbstdisziplin: das Prinzip des polarisierten Trainings. Ergo: Knapp 20 Prozent der Trainingszeit werden im obersten Leistungsbereich an der anaeroben Laktatschwelle und darüber absolviert, die restlichen 80 Prozent des Trainings im ruhigen Grundlagenbereich. So sollen sowohl muskuläre als auch Herz-Kreislauf-Anpassungen hervorgerufen werden, ohne dabei zu riskieren, ins Übertraining abzurutschen.

Oder wie es der Top-Trainer und aktuelle Sportwissenschaftler des australischen Rad-Nationalteams Peter Leo im RennRad-Interview ausdrückte: „Wenn es sich ein Profi- oder Elite-Fahrer erlauben kann, viele Einheiten mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 27 oder 28 km/h zu fahren, dann brauchen auch Hobby-Athleten nicht immer den ‚Dreißiger-Schnitt‘. “

Dieser Artikel erschien in der RennRad 6/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Das Polarized Training

Das polarisierte Training ist vor allem durch Spitzenathleten des Wintersports bekannt geworden. Genauer: durch die norwegischen Nationalteams der Langläufer und Biathleten. Das Konzept der Norweger setzt vor allem auf die Extrembereiche des Trainings: sehr locker oder extrem intensiv.

Die Idee des polarisierten Trainings ist nicht neu – aber durch den Trend zu kurzen hochintensiven Intervallen, HIIT, setzen auch Radsporttrainer wieder verstärkt auf dieses Konzept. Es verbindet die „alte Schule“ des langen Grundlagentrainings mit den weniger zeitaufwendigen neueren hochintensiven Intervall-Trainingsmethoden.

Beim Polarized Training werden knapp 20 Prozent der Trainingszeit im obersten Leistungsbereich, an der anaeroben Laktatschwelle und darüber, absolviert, die restlichen 80 Prozent des Trainings werden im ruhigen Grundlagenbereich verbracht. Dadurch soll der Körper immer neue Reize erhalten: einerseits durch die fordernden hochintensiven Einheiten, andererseits durch die langen Grundlagenausdauereinheiten. Weitere Informationen, Studien und Hintergründe zum Polarized Training finden Sie hier.


Ernährung & Regeneration

Eine optimierte Ernährung kann dabei helfen, die Regenerationszeit deutlich zu verkürzen. Die Gabe von hochwertigem Eiweiß direkt im Anschluss an eine Belastung stimuliert effektiv die Muskelproteinsynthese. Gerade während intensiven Trainingsphasen sollte eine Eiweißzufuhr von bis zu zwei Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag erfolgen. Je kürzer die Zeit zwischen dem Trainingsreiz und der Proteinaufnahme, desto besser. Denn: Der Körper kann die Aminosäuren, aus denen das Eiweiß besteht, für die Reparaturprozesse in der Muskulatur einsetzen. Als „Goldstandard“ gilt das Whey- beziehungsweise Molkenprotein, das einen hohen Leucinanteil aufweist. Weitere hochwertige Proteinquellen sind Eier, Fleisch und Fisch. Pflanzliches Eiweiß findet man zum Beispiel in Sojaprotein, Quinoa, Nüssen oder Hülsenfrüchten wie Kichererbsen und Bohnen. Zur Beschleunigung der Regeneration empfiehlt es sich, Kohlenhydrate und Proteine im Verhältnis von 3:1 bis zu 5:1 aufzunehmen. In Bezug auf das Körpergewicht werden 0,2 bis 0,4 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde direkt im Anschluss an eine Belastung empfohlen.

Zudem können natürliche Antioxidantien, wie sie etwa in Sauerkirschen und Beeren enthalten sind, den Regenerationsprozess – zumindest laut einiger Studien – offenbar beschleunigen.

Auch einige Gewürze können Sportlern demnach teils zu einer schnelleren Regeneration verhelfen, zum Beispiel Zimt, Pfeffer, Chili, Kurkuma oder Ingwer. Vor allem die regelmäßige Einnahme von Ingwer scheint Muskelkater und Muskelschmerzen reduzieren zu können. Dafür verantwortlich ist das im Ingwer enthaltene Gingerol. Curcumin heißt der Inhaltsstoff in Kurkuma. Die tägliche Aufnahme von mindestens 200 Milligramm Curcumin soll Muskelschmerzen und -verletzungen lindern und die Regeneration unterstützen können. In Zimt stecken Hunderte pflanzlicher Substanzen. Neben der entzündungssenkenden Eigenschaft hilft Zimt dabei, die Glukoseaufnahme in die Muskulatur zu fördern und gleichzeitig den Blutzuckerspiegel zu senken beziehungsweise stabil zu halten. Der Pfeffer-Inhaltsstoff Piperin kann die Aufnahmefähigkeit und Wirkung von Nährstoffen aus der Nahrung um bis zu 1000 Prozent erhöhen. Die im Chili enthaltene Substanz Capsaicin hat eine schmerzsenkende, teils entzündungshemmende Wirkung.


Superkompensation

Die Superkompensation ist eine überschießende Anpassungsreaktion des Organismus infolge einer belastungsinduzierten Auslenkung aus der Homöostase. Die ausgelösten Wiederherstellungsvorgänge verbessern die Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus.

Die Superkompensationsphase tritt aufgrund des Belastungsreizes erst im Anschluss an eine Erholungsphase ein und ist zeitlich reversibel. Zwischen der Belastung und der Anpassungsreaktion des Körpers besteht ein dynamisches Gleichgewicht: die Homöostase.

Würde kein besonderer Reiz auf den Organismus einwirken, würde das Leistungsniveau nur leicht, in Abhängigkeit von der Tagesform, schwanken. Trainingsreize bewirken eine Auslenkung aus der Homöostase. Um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen und damit der Körper für spätere Trainingsreize derselben Art besser gewappnet ist, kommt es zur Anpassung von Funktionen und Strukturen. Diese Wiederherstellungsvorgänge steigern das Leistungsniveau für einen begrenzten Zeitraum über den Ausgangswert hinaus. Diese Phase, in der die Leistungsfähigkeit über dem Ausgangslevel liegt, ist die Superkompensationsphase.

Würde kein weiterer Belastungsreiz erfolgen, kehrte die Leistungskurve wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Ein sportliches Training zielt im Idealfall auf eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit ab.

Der optimale Zeitpunkt, um den nächsten Trainingsreiz zu setzen, ist der jeweils höchste Punkt in der Superkompensationskurve. Und genau da liegt die Schwäche des Superkompensationsmodells. Denn es ist extrem schwierig zu bestimmen, wann genau dieser Zeitpunkt ist oder sein wird. Zudem ist dieser Zeitpunkt für die verschiedenen Muskeln, Organe und Körpersysteme jeweils unterschiedlich. Wie lange die optimale Pause oder Regeneration sein soll, ist demnach mittels des Superkompensationsmodells kaum zu bestimmen. Es stößt hier, hinsichtlich des Nutzens für den eigenen Trainingsplan, an seine Grenzen.


Trainingsideen: Neue Reize gegen Stagnation

  • IANS/Schwellenleistung: Pro Woche ein- oder zweimal Schwellenintervalle fahren, zum Beispiel 3 x 8 Minuten genau mit der Schwellenleistung. Dazu wöchentlich die theoretische IANS um ein bis zwei Watt erhöhen. Dadurch wird ein fortschreitend effektiver Trainingsreiz anvisiert.
  • Explosivität bergauf: Mit zwei hochintensiven Einheiten pro Woche, zum Beispiel am Dienstag und Samstag, gezielt intensiv trainieren. Ein solch fokussierter Trainingsblock sollte mindestens vier Wochen dauern, um signifikante Resultate zu erzielen. Gerade Fahrer mit Potenzial im Spitzenbereich können sich so verbessern. Zum Beispiel: 2,5 Stunden GA1 mit 5 bis 8 Steigerungsfahrten bergan, vom GA2 bis zum EB und jeweils All-out-Sprint über die finalen zehn Sekunden. Die aktive Pause: je fünf Minuten im Kompensationsbereich.
  • Ermüdungsresistenz: Um diese zu trainieren, kann man etwa regelmäßig eine Schwellenbelastung bereits am Anfang einer Ausfahrt fahren und am Ende wiederholen. Zum Beispiel ein zweistündiges Training mit zehn Minuten bei 95 bis 100 Prozent in den ersten 20 bis 30 Minuten – und diese Belastung in den letzten 20 Minuten dann wiederholen.
  • Fahrtspiele: Ein wettkampfspezifisches Training in der Gruppe, zum Beispiel im Rahmen einer 1,5-Stunden-Fahrt: warmfahren, Start, drei- bis fünfmal Bergwertungen über Hügel und/oder Punktewertungen im Flachen sowie den finalen Zieleinlauf, etwa an einem Ortsschild, ausfahren. Sprinten, attackieren, Solo-Fluchten. Die Belastungsbereiche: GA1, GA2, EB und SB.
  • Maximalkraft: Neue intensive Reize setzen im Kraftraum. Das Trainingsziel ist die Verbesserung der intramuskulären Koordination. Dazu 2 bis 5 Sätze mit je 1 bis 3 Wiederholungen absolvieren. Die Königsübung: die freie Kniebeuge. Achtung: Zuerst muss die Technik perfekt beherrscht werden.
  • Wichtig: Im Sinne eines polarisierten Trainings gilt es, die Grundlagen- und Erholungseinheiten sehr niedrigintensiv zu fahren und ein Übertraining um jeden Preis zu vermeiden. In beruflichen Hochstressphasen sollten die Trainingsintensitäten zudem deutlich gesenkt werden. Zudem sollten die Parameter Schlaf und Ernährung die Regeneration unterstützen.
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