Trainingstipps: Von den Profis lernen
Trainingstipps für Radsportler: Pacing, Tempowechsel, Trittfrequenz
in Training
Pacing von Radprofis: Nahe der anaroben Schwelle
Starke Bergfahrer wissen, wo ihre Grenzen sind. Sie kennen ihren Rhythmus. Anstatt sich auf den ersten ansteigenden Kilometern kaputtzufahren, bleiben sie stets in der Nähe ihre Schwellenleistung. Selbst während der entscheidenden Attacken.
So erbrachte Mikel Nieve während der sehr intensiven Startphase der elften Etappe knapp 400 Watt für zweieinhalb Minuten. Das sind für ihn 6,64 Watt pro Kilogramm. Sobald die Ausreißergruppe etabliert war, fuhren die Fahrer an der Spitze jedoch unterhalb ihrer Individuellen Anaeroben Schwelle (IANS).
So leistete Nieve am Montée de Bisanne rund 330 Watt – und fuhr somit stetig mit rund 90 bis 92 Prozent seiner IANS. Dies sind natürlich immer noch atemberaubende Werte, aber für einen Weltklassefahrer entspricht dies einer nachhaltigen Pace.
Trainingstipps für Hobbyradfahrer: Tempo am Berg lange halten
Für Hobbyfahrer zeigt sich: Bei Radmarathons und anderen bergigen Ausfahrten kann die Leistung maximiert werden, indem ein Tempo gewählt wird, das über die Dauer möglichst wenig reduziert werden muss. Durch ein nachhaltiges gezieltes Training kann man dieses Tempo immer weiter steigern.
Denn: Durch gezielte lange Belastungen, idealerweise am Berg, kann die langfristige Leistungserbringung optimiert werden. So kann das nachhaltige Tempo beispielsweise von 80 auf 85 Prozent der Schwellenleistung gesteigert werden.
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Empfehlung fürs Training: Lange Bergintervalle
Eine Ausfahrt mit zwei bis vier Belastungen für je zehn bis 20 Minuten. Intensität: circa 90 Prozent der IANS, möglichst an einem stetigen Anstieg oder mit einem hohen Gang in der Ebene. Wichtig: eine besonders gleichmäßige Leistung. Dabei sollte eine Trittfrequenz von mindestens 70 bis 80 Umdrehungen pro Minute gehalten werden.
Das Ziel: über mehrere Wochen hinweg die Belastungsdauer und Wiederholungszahl steigern. Die Pausendauer ist nicht vorgeschrieben. Um Wettkampfbedingungen zu simulieren, empfiehlt es sich, zwischen den Anstiegen mit der Grundausdauerintensität bis zur nächsten Steigung zu fahren.
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Durch Training: Laktat besser tolerieren, Rennhärte steigern
Die zwölfte Etappe nach L’Alpe d’Huez war ein Paradebeispiel für die Erholungsfähigkeit der Radprofis. Die ständigen Beschleunigungen von Fahrern wie Nairo Quintana, Chris Froome oder Mikel Landa führten zu Belastungen tief im roten Bereich. Danach wurde stets das Tempo kurz rausgenommen, bevor die nächste Attacke erfolgte.
Physiologisch fordern solche Rhythmuswechsel den Körper auf eine andere Art und Weise als eine gleichmäßig hohe Belastung. Radprofis haben hier eine ganz andere „Rennhärte“ als Amateure oder Hobbyathleten.
Doch auch Letztere können eine solche Laktattoleranz trainieren. Das Ziel: auch an steilen Passagen für kurze Zeit die Intensität erhöhen, ohne dass man in der Folge „übersäuert“ und Tempo rausnehmen muss.
Trainingstipps für Hobbyfahrer: Strukturierte Tempowechsel als Intervalltraining
A) Intervalltraining mit 1/1-Tempowechseln: Dauer, Belastung und Pause
Drei bis sechs Mal je eine Minute bei circa 90 bis 95 Prozent der IANS im Wechsel mit je einer Minute bei 105 Prozent. Dies ergibt Belastungsdauern von sechs bis zwölf Minuten. Wichtig: Die Belastungsintensität kann leicht variiert werden, doch es sollte stets ein Abschnitt leicht unterhalb der Schwelle mit je einem darüber im Wechsel gefahren werden.
Als Pausendauer sollten mindestens fünf Minuten bei maximal circa 50 bis 55 Prozent eingehalten werden.
B) Steigerungsintervalle mit Pausen: Wiederholungen und Intensität
Drei-Minuten-Belastung mit je einer Minute bei 90 Prozent, gefolgt von einer Minute bei 100 Prozent, gefolgt von einer Minute bei 110 Prozent der IANS, gefolgt von einer Minute Pause bei ungefähr 50 Prozent. Insgesamt drei bis sechs Wiederholungen fahren.
Für den Extra-Trainingseffekt kann nach den Steigerungsintervallen noch eine Belastung im Entwicklungsbereich (EB) bei 90 bis 95 Prozent für bis zu zehn Minuten Dauer gefahren werden.
Trittfrequenz erhöhen: In der Ebene und am Berg
Höhere Trittfrequenzen, vor allem in flachem Terrain, sind inzwischen auch für die meisten Hobbyfahrer eine Selbstverständlichkeit. Wo früher häufig ein möglichst dicker Gang gedrückt wurde, sieht man jetzt in der Regel eher hohe Kadenzen um die 90 bis 100 Pedalumdrehungen pro Minute.
Doch am Berg scheitern auch viele daran, einen runden Tritt zu halten. Und wenn es richtig steil wird, fällt die Trittfrequenz oft drastisch. Die Folge: Unter 70 Umdrehungen führt der hohe Kraftaufwand zu einer deutlich höheren muskulären Ermüdung, von der eine kurzfristige Erholung auf dem Rad kaum mehr möglich ist.
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Umdrehungen pro Minute und Übersetzung: Kurbel, Kassette, Zähne
Die Radprofis treten auch bei Steigungen über sieben oder acht Prozent noch oft mit 80 oder mehr Umdrehungen. Während der zehnten Tour-Etappe erklomm etwa Mikel Nieve das 11,5 Prozent steile Plateau de Glières mit durchschnittlich 79 Umdrehungen pro Minute.
Aber auch die Wahl der richtigen Übersetzung ist wichtig. Somit ist klar, dass sich für fast alle Hobbyathleten im Hochgebirge Kompaktkurbeln und Kassetten mit 28, 30, 32 oder 34 Zähnen geradezu anbieten.
Trainingstipps für Hobbyfahrer: Kadenz-Drills
Um den hochfrequenten und möglichst „runden“ Tritt am Berg zu schulen, lohnen sich spezifische Trittfrequenz-„Drills“ an dafür geeigneten Steigungen. Dabei fährt man für fünf bis 15 Minuten bergan – mit mindestens 90 bis 100 Umdrehungen. Die Intensität sollte sich dabei im GA2-Bereich bei circa 80 bis 85 Prozent der Anaeroben Schwelle befinden.
Besonders geeignet sind sehr stetige Anstiege mit vier bis acht Prozent Steigung. Damit die Kadenz auch gehalten werden kann, sollte eine ausreichend „kleine“ Übersetzung montiert werden.
Begonnen werden kann mit einer Belastungsdauer von je fünf Minuten und zwei Wiederholungen, welche dann langfristig auf bis zu 15 Minuten gesteigert werden kann. Wenn überhaupt keine geeigneten Steigungen vorhanden sind, können die Drills auch im Flachen, etwa bei Gegenwind, oder auf einem gebremsten Ergometer in den eigenen vier Wänden gefahren werden.