Fit & immun
Immunsystem: Zusammenhänge zwischen Training und Gesundheit
in Ernährung
Ist Sport gesund? Und wenn ja: Welcher Sport – und wie viel davon? Sind Athleten anfälliger oder weniger anfällig für Infekte als „normale“ Menschen? Fakt ist: Das Training und das Immunsystem hängen miteinander zusammen.
Sport hat eine entzündungshemmende Wirkung. Genauer: Intensive und regelmäßige sportliche Betätigung führt zu einem Anstieg entzündungshemmender Immunzellen, der sogenannten regulatorischen T-Zellen. Dies zeigte eine groß angelegte Studie der Deutschen Sporthochschule Köln. Darin wurden Blutproben junger Kaderathleten, darunter auch die Mitglieder der deutschen Hockey-Olympiamannschaft, untersucht.
Die Forscher verglichen die Ergebnisse mit Proben junger, gesunder, untrainierter Personen. Das Ergebnis: Je besser die körperliche Fitness entwickelt ist, desto höher fiel der Anstieg entzündungshemmender Immunzellen aus.
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Killerzellen und Training
Das körpereigene Abwehrsystem zählt zu den komplexesten Systemen des menschlichen Körpers. Spezifische Abwehrreaktionen durch Lymphozyten nennt man auch Immunreaktionen.
Es gibt drei Arten von Lymphozyten: T-Lymphozyten, B-Lymphozyten und sogenannte Nullzellen, natürliche Killerzellen unspezifischer Art. Rauchen, Alkohol, Schlafmangel, Nährstoff- und Bewegungsmangel sowie zu viel Stress wirken sich negativ auf das Immunsystem aus.
Auch Sport hat einen Einfluss darauf. Auf welche Art dies geschieht, hängt unter anderem stark von einem Faktor ab: von der Belastungsintensität.
Moderat-intensives Ausdauertraining stärkt das Immunsystem
Rund drei Stunden nach besonders intensiven Belastungen sinkt die Zahl der für die Immunabwehr existenziellen weißen Blutkörperchen, der Leukozyten, rapide ab, was zu einem „geschwächten“ Immunsystem führt. Ein moderat-intensives Ausdauertraining führt dagegen in der Regel zu einer Stärkung des Abwehrsystems.
Sehr harte intensive Trainingseinheiten und Wettkämpfe verursachen Stress für den Körper. Es kommt zur Ausschüttung von Stresshormonen, die eine kurzfristige Hemmung der Immunabwehr herbeiführen. Nach solchen Einheiten muss der Organismus „Wiederaufbauarbeit“ leisten: Zerstörte Zellen müssen abtransportiert, Mikrostrukturen und Muskelgewebe repariert und wiederaufgebaut werden. Gleichzeitig versucht das Immunsystem die Infektionserreger zu bekämpfen. Diese Phase bezeichnet man als das sogenannte „Open Window“.
Infektrisiken
Dieser Effekt kann – je nach der Belastungsintensität – bis zu 24 Stunden lang anhalten. In dieser Zeit ist der Körper anfälliger für Krankheiten und Infekte. Grundsätzlich gilt: Je intensiver die sportliche Belastung ist, umso mehr ist das Immunsystem gefordert.
Harte Belastungen vermindern akut die T-Zellen-Aktivität. So liegt laut einer größeren validen Studie die Konzentration der weißen Blutkörperchen im Blut von Athleten, die gerade einen Marathonlauf absolviert haben, mehr als 25 Prozent unter dem Durchschnitt. Auch ist die Konzentration natürlicher Killerzellen bis zu sechs Stunden nach einem solchen Rennen noch reduziert.
Langfristige Auswirkung von Sport auf das Immunsystem
Wie wirkt sich der Sport langfristig auf das Immunsystem aus? Dazu führten Forscher der Universität Neufundland in Kanada eine dreimonatige Studie durch. Sie ließen bis dato unsportliche Menschen über 65 Jahren ein regelmäßiges Ausdauertraining durchführen.
Die Ergebnisse: Im Vergleich zu nicht trainierenden gleich alten Probanden zeigte sich bei den Testpersonen eine verbesserte Reaktion der T-Zellen und rund 40 Prozent geringere Atemwegsinfektionen. Die meisten degenerativen Erkrankungen in den Industrieländern entstehen infolge chronischer Entzündungsprozesse. Körperliche Inaktivität und Übergewicht fördern diese – Sport wirkt ihnen entgegen.
Aminosäuren und mehr
Eine wichtige – positive – Rolle bei der Immunabwehr könnten die beiden Aminosäuren Glutamin und Arginin spielen. So stellten der Biochemiker Eric Newsholme und seine Kollegen an der Universität in Oxford in ihrer Studie fest, dass die Glutamin-Konzentration im Blut von Marathonläufern während des Rennens um bis zu 25 Prozent sinkt. In einer Folge-Untersuchung zeigte sich, dass diese auch in den Blutproben von Sportlern, die am Übertrainingssyndrom litten, deutlich reduziert war.
Wie sieht eine das Immunsystem stärkende Ernährung aus? Vor allem: frisch – Obst, Gemüse, Vollkornprodukte. Pflanzliche Lebensmittel sind meist kalorien- und fettarm und enthalten hohe Mengen an Antioxidantien und Ballastoffen. Ballaststoffe sind eine komplexe Form von Kohlenhydraten, haben erheblich weniger Kalorien als einfache Kohlenhydrate, sind leicht verdaulich und sättigen deutlich länger. Ferner bestätigen Studien eine Verringerung koronarer Herzerkrankungen und chronischer Erkrankungen wie Asthma und Diabetes durch eine pflanzliche Ernährung – sowie die Senkung des Cholesterinspiegels und die Förderung eines gesunden Darms. Häufig tauchen auch kritische Argumente zur pflanzlichen Ernährungsweise auf.
Tipp eins: Fettreiche Lebensmittel wie Avocados, Nüsse, Samen und Öle sollten vor allem an intensiven Trainingstagen mit auf dem Speiseplan stehen. Tipp zwei: Die Einnahme von Kohlenhydraten und Polyphenolen unmittelbar nach harten Trainingseinheiten hat sich in einigen Studien als positive Strategie erwiesen, um das Immunsystem zu unterstützen.
Taiwanesische Studie
Zwölf gut trainierte Läufer waren die Probanden in einer taiwanesischen Studie, die im British Journal of Sports Medicine veröffentlicht wurde. Sie absolvierten an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils eine halbe Stunde lang ein Laufband-Training mit 85 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme. Vor dem Training sowie 24 und 72 Stunden nach dem letzten Training wurden Blutproben entnommen.
Die Ergebnisse: Schon bei der ersten Messung nach der Belastung waren die Leukozyten beeinträchtigt. Sie zeigten eine erhöhte Neigung zum Zelltod. Auch 72 Stunden nach dem Training wiesen die Athleten noch keine Normalwerte auf. Schwächt demnach derjenige, der regelmäßig hart trainiert, sein Immunsystem dauerhaft? Nein, diese Aussage wäre zu pauschal.
Mehr Abwehrkraft
So zeigten etwa Nieman und Pedersen, dass Immunantworten individuell sind – ergo auch: angeboren. Sie fanden bei ihren Probanden extrem unterschiedliche Reaktionen des Immunsystems auf langanhaltende Belastungen und intensive Trainingseinheiten.
Es konnten allerdings Veränderungen im Blut der getesteten Athleten gemessen werden: Die Anzahl der Immunabwehrzellen reduzierte sich, was in einer erhöhten Infektanfälligkeit resultieren kann. Bisher ist jedoch nicht eindeutig belegt, dass sich Athleten, die diese gesteigerte Infektanfälligkeit aufweisen, auch in der Folgezeit vermehrt eine Infektion zuziehen.
Immunsystem zu 70 Prozent im Darm angesiedelt
Da rund 70 Prozent des Immunsystems im Darm angesiedelt ist, sollte auf eine optimale Darmgesundheit geachtet werden. Die Hintergründe dazu finden Sie in dem großen Artikel „Das Superorgan“.
Um einem Infekt entgegenzuwirken und das Abwehrsystem zu unterstützen, können weiterhin folgende Maßnahmen nach einer sportlichen Belastung helfen: eine heiße Dusche, den Flüssigkeitsverlust schnell ausgleichen, die Regenerationszeit anpassen, ausreichend Schlaf sowie eine gesunde, frische Ernährung.
Zu Letzterer zählt etwa eine ausreichende Vitamin-, Makro- und Mikronährstoff-Versorgung. Etliche Studien belegen, dass eine mangelnde Nährstoffzufuhr ein erhöhtes Risiko für Infektions-, Allergie- und Entzündungskrankheiten darstellt. Die beeindruckendsten Ergebnisse wurden in Untersuchungen zur Kohlenhydrat-Einnahme nachgewiesen.