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Sattel-Test 2024: Elf Top-Rennrad-Sättel im Vergleich

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Sattel-Test 2024: Elf Top-Rennrad-Sättel im Vergleich

Der Sattel ist die „Schnittstelle“ zwischen Mensch und Material – und das individuellste Bauteil jedes Rades. Elf Top-Sättel im Test.
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Es kann jeden treffen, selbst einen Grand-Tour-Sieger wie Jai Hindley: Im Jahr vor seinem Giro-d’Italia-Erfolg beendete er die Rundfahrt vorzeitig. Der Grund: Sitzprobleme. Ein Sattel ist entscheidend für das Wohlbefinden auf dem Fahrrad. Im besten Falle spürt man ihn kaum. Im schlechtesten Falle verursacht ein „falscher“ Sattel Druckstellen, Taubheitsgefühle und Schmerzen.

Welches Modell zu welchem Fahrer passt, ist eine entscheidende Frage. Die Antwort ist jedoch: eine individuelle Lösung. Nie war die Auswahl an Sätteln größer als heute – nie waren die Lösungen differenzierter.

Warum ist ein Rennrad-Sattel speziell?

Rennrad-Sättel sind speziell. Sie unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von Modellen anderer Rad-Kategorien. Wer mehrere Stunden am Stück auf dem Sattel sitzt, nimmt dabei häufig wechselnde Sitzpositionen ein – je nach dem Streckenprofil und der gewählten Intensität. Deshalb sind Rennradsättel oft lang und schmal, sodass man in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Sitzpositionen fahren kann.

Zudem sind sie meist deutlich härter, weniger stark gepolstert und mehr oder weniger stark gewichtsoptimiert. So wiegt das leichteste unserer Test-Modelle, der „Komm-Vor“ von Tune, weniger als 100 Gramm. Dennoch überzeugte auch dieses Carbon-Leichtgewichtsmodell im Testverlauf während sehr langer Fahrten.

Die meisten der Test-Sättel sind in die Kategorien Allround-, Gravel- und Allroad-Modell einzustufen. Sie bieten somit vielfach einen vergleichsweise hohen Sitz-Komfort.

Sattel-Test 2024: Formen und Konzepte

Auffallend ist die inzwischen enorme Vielfalt an Sattel-Formen. Eher selten findet man Sättel mit einer durchgehend flachen Decke. In diesem Test verfügt nur das Modell von Selle San Marco über diese Form.

Die allermeisten Sättel weisen eine geschwungene Linienführung auf. Meist ist das Heck etwas höher als die Spitze. Diese eine Sattel-Form ergibt Sinn, wenn man gerne weiter hinten sitzt. Die Spitze läuft bei den meisten Modellen recht „gerade aus“. Nur beim Ritchey Cabrillo senkt sie sich bereits im vorderen Drittel ab. Dies ist für Fahrer von Vorteil, die besonders häufig ihre Sitzpositionen wechseln. Denn der Spielraum für Bewegungen kann sich so erhöhen.

Dass eine dickere Polsterung viel Komfort bringt, klingt logisch – trifft jedoch bei Rennradsätteln in den meisten Fällen nicht zu. Je dicker und weicher das Polster ist, desto größer ist das Risiko, dass es sich während langer Fahrten „durchsitzt“. Einen guten Rennrad-Sattel kennzeichnet daher unter anderem, dass er trotz seines geringen Gewichts und des geringen Polsterungsumfangs dauerhaft komfortabel ist.

Ein Beispiel: Der Komm-Vor vom deutschen Hersteller Tune. Er besitzt keinerlei Polsterung, blieb im Test aber dauerhaft komfortabel. 3D-gedruckte Sättel sind dagegen meist „dicker“ gepolstert. Insgesamt lässt sich beobachten: Die Sättel werden immer kürzer. Nur ein Sattel in diesem Test ist länger als 270 Millimeter. Das liegt beim Repente Artax auch an dem weit ausladenden Heck. Für die Sitzposition hat es jedoch keine Bedeutung. Die durchschnittliche Länge der getesteten Sättel beträgt 260 Millimeter.

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Breite und Länge

Drei der Test-Modelle sind kürzer als 250 Millimeter, der Power Mirror von Specialized ist sogar nur 240 Millimeter lang. Die Vermutung, dass man dadurch im Wechsel seiner Sitzpositionen eingeschränkt wird, können wir nicht bestätigen. Es ist dennoch möglich auf der Sattel-Spitze zu fahren. Vielmehr verhilft die kürzere Form oftmals zu einer erhöhten Bewegungsfreiheit und einer besseren Hüftrotation. Damit sind solche Sättel insbesondere dann interessant, wenn man oft und lange mit weit vorgebeugtem Oberkörper oder in der Unterlenker-Haltung fährt. In mehreren Dauertests haben sich Sattel-Modelle mit „kurzer Nase“ aber auch auf der Langstrecke bewährt.

Die Sattel-Breite hat einen maßgeblichen Einfluss auf den Sitzkomfort – und damit auch auf die Leistung über längere Strecken. Das Messen des Sitzknochen-Abstands vor dem Sattel-Kauf bietet oftmals Optimierungspotenzial. Die „Do-it-yourself-Variante“: Man setzt sich auf ein Stück Wellpappe und misst den Abstand der beiden Eindrücke von der einen zur anderen Mitte. Dementsprechend sucht man sich die passende Sattel-Breite aus. Je nach dem Hersteller variiert das Angebot von einer bis zu fünf verschiedenen Breiten. Die Zeiten der sehr schmalen Sättel scheinen vorbei zu sein. Bei vielen Modellen in diesem Testfeld ist bereits die schmale Version 140 oder 145 Millimeter breit.

Seit Jahrzehnten arbeiten die Sattel-Ingenieure daran, den Dammbereich zu entlasten. Das Ziel ist dabei, den Blutfluss durch die dort verlaufenden Gefäße aufrecht zu erhalten und damit Taubheitsgefühle zu verhindern. Eine Vertiefung oder gar eine komplette Aussparung kann, muss aber keine Erleichterung bringen. Es besteht die Gefahr, dass sich der Druck auf die Randbereiche der Aussparung verteilt. Dann wird zwar der Dammbereich entlastet – der Druck auf die äußeren Bereiche nimmt aber zu.

Ein anderes Konzept: SQLab setzt auf eine abgesenkte Sattel-Nase, die nach vorne mehr Freiraum lassen soll. Das Test-Fazit: Den „einen optimalen“ Sattel gibt es nicht. Die Kombination Fahrrad-Sattel-Fahrer muss passen.

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Diese Rennrad-Sättel haben wir getestet

Marke Modell Preis Bewertung Prädikat
Ritchey WCS Cabrillo 99,10 Euro 4 / 5
BBB Phalanx BSD-155 109 Euro 4 / 5
SQLab 614 Ergowave 2.1Testbrief 159,95 Euro 4,5 / 5 Komfort-Tipp
San Marco Aspide S. SC. Racing 174,90 Euro 4 / 5
Repente Artax GLM 189 Euro 5 / 5 Kauftipp
Ergon SR Allroad Core Pro Carbon 199,95 Euro 4 / 5
Pro Stealth Curved Team 199,95 Euro 4 / 5
Fizik Vento Argo R3 259 Euro 4,5 / 5
Tune Komm-Vor 324,99 Euro 5 / 5 Race-Tipp
Specialized S-Works Power Mirror 390 Euro 5 / 5
Selle Italia Novus Boost Evo 3D 429,90 Euro 5 / 5

Die ausführlichen Sattel-Testberichte lesen Sie in der RennRad 4/2024. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Tipps zum Rennrad-Sattel-Kauf

  • Ausprobieren: Nutzen Sie Aktionen wie „30 Tage Geld zurück“ oder „den Sattel kostenlos zwei Wochen lang testen“. So mancher Sattel offenbart seine Qualitäten nicht gleich bei der ersten Ausfahrt.
  • Passform geht vor Gewicht: Gerade beim Sattel sollte das Gewicht für die meisten keine übergeordnete Rolle spielen. Dafür ist die Schnittstelle zu wichtig.
  • Die Sattelform ist entscheidend: Je besser diese zum eigenen Körper passt, desto geringer kann theoretisch auch die Polsterung ausfallen. Das ist auch der Grund dafür, dass etwa ein ungepolsterter Carbon-Sattel wie das Tune-Modell nicht automatisch unbequem sein muss.
  • Die Polsterung ist nicht zwingend entscheidend: Dicke Polsterungen sind nicht automatisch komfortabel. Und umgekehrt ist es genauso. Die Qualitäten eines Sattels ergeben sich erst aus dem „Zusammenspiel“ aller seiner Komponenten.
  • Die richtige Wahl der Breite: Nahezu jeder Hersteller hat unterschiedliche Sattelbreiten im Programm. Der Sitzknochenabstand unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Nur so ist der optimale Sitz gewährleistet.
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