Im Test: Die besten Rennräder für Radmarathons
Im Test: Neun Rennräder für die Langstrecke
in Test & Technik
Marathon-Rennrad
Wie wird ein Rennrad komfortabel? Das ist die Ausgangsfrage der Ingenieure, wenn sie ein neues Modell in Kategorie Komfort beziehungsweise Langstrecke oder neudeutsch „Endurance“ entwickeln. Das Ziel ist mit dem Wort „Komfort“ am besten definiert: angenehm, bequem, vibrationsdämpfend soll das Rad sein. Am einfachsten geht dies mit einer entschärften Rahmengeometrie. Komfort-Rennräder fallen meist mit einem kürzeren Oberrohr und Sitzrohr sowie einem im Vergleich zu Race-Modellen längeren Steuerrohr auf.
Kaufkriterium: Sitzposition
Die Sitzposition ist dementsprechend meist eher wenig sportlich-gestreckt, sondern eher moderat-aufrecht. Der Grundgedanke: Wer komfortabler auf dem Rad sitzt, kann dadurch länger eine hohe Leistung erbringen. Die allgemeine Formel dazu lautet: Leistung gleich Komfort mal Zeit (siehe RennRad 3/2018). Bei den Rädern dieses Testfeldes finden sich etliche weitere Speziallösungen, die vor allem für eine stärkere Vibrationsdämpfung sorgen – und so den Fahrkomfort erhöhen sollen. „Flexende“ Sattelstützen sind mittlerweile bei vielen Modellen Standard. Entkoppelte Sitzrohre und tief ansetzende Sitzstreben findet man ebenfalls immer häufiger in dieser Kategorie. So beginnen die Sitzstreben des Cube Attain GTC SLT Disc weit unterhalb des Knotenpunkts aus Ober- und Sitzrohr. Dies sorgt etwa für den oben beschriebenen spürbar erhöhten Flex im Sitzbereich.
Flex, Dämpfung, Federweg
Noch deutlich tiefer als beim Cube sind die Sitzstreben an der Roadmachine von BMC angebracht. Speziell an diesem Modell zeigt sich auch eine weitere Eigenschaft von Komfortrennrädern: das spezielle Carbon-Layup. Im Gegensatz zu Titan, Stahl oder selbst Aluminium ist Carbon deutlich starrer und besitzt weitaus weniger „natürliche“ Dämpfungseigenschaften.
Die Kunst der Ingenieure besteht nun darin, den Rahmen an Stellen extrem verwindungssteif zu gestalten, wo es besonders essentiell ist – zum Beispiel im Tretlagerbereich – und an anderen Stellen durch ein entsprechendes Carbon-Layup mehr Flex zuzulassen. Storck setzt etwa hinsichtlich Komfort auf den sogenannten „Hysteresis Flex“: Beim Modell Durnario Comp G1 werden daher querovale Rohrformen mit speziellen Carbon-Layups kombiniert.
Komfort auf dem Rennrad
In der Fahrpraxis werden damit Vibrationen des Fahrbahnbelags spürbar minimiert. Die Rennrad-Hersteller greifen vor allem aus Gewichtsgründen zu solchen Lösungen. Extra-Federelemente, die für eine starke Dämpfung sorgen sollen, verbaut fast kein Hersteller. Fast. Es gibt auch Ausnahmen: Denn Specialized setzt an der Front seines Komfortrennrades Roubaix auf ein spezielles, leichtes Federelement. Im Vorbaubereich befindet sich das sogenannte „Future-Shock-System“: Es bietet bis zu 20 Millimeter vertikale Nachgiebigkeit. Dies ist natürlich sofort zu spüren. Wobei man für den Komfortgewinn ein etwas erhöhtes Gewicht in Kauf nehmen muss. Zudem ist das Feder-System nicht zu verstellen, was bei einer sehr sportiven Fahrweise nicht immer passend beziehungsweise erwünscht ist.
Reifenwahl
Im Gegensatz zu Carbon-Layups und Federelementen verbirgt sich im Bereich der Reifen vergleichsweise günstiges Komfortpotenzial: Luftdruck, Volumen und Eigendämpfung beeinflussen Leistung und Komfort auf dem Rad spürbar. Doch auch hier gilt: Vieles ist individuell und hängt von weiteren Faktoren wie dem Laufraddesign, der Sitzposition auf dem Rad und vor allem dem eigenen Körpergewicht ab. Das richtige Maß an Komfort im Bereich der Reifen muss jeder selbst für sich herausfinden. Im Testfeld sind an den Centurion-, Orbea– und Ghost-Modellen 25 Millimeter breite Continental-, Mavic– und Vittoria-Reifen verbaut, wie man sie inzwischen häufig auch in der Race-Kategorie findet. BMC, Cube, Specialized und Storck setzen auf einen Reifen-Durchmesser von 28 Millimetern.
Reifenwahl
Am Scott findet man sogar 32 Millimeter breite Reifen. Der Reifen-Dämpfungs- beziehungsweise Komfortfaktor ist hier extrem hoch. Jedoch geht dies natürlich etwas zu Lasten der Agilität. In schnellen engen Kurven ist das Fahrverhalten anders als von „normalen“ Reifen und Race-Rennrädern gewohnt. Man sieht demnach schon an diesem Ausstattungsdetail, wie weit die Interpretationen eines Komfort-Langstreckenmodells zwischen den Herstellern auseinandergehen. Am anderen Ende dieser Auslegungsskala innerhalb unseres Testfeldes liegen etwa das Centurion und das Storck: Beide sind sie recht leicht, straff und sehr agil abgestimmt – renntauglich.