GPS-Radcomputer im Test: Big Data
GPS-Radcomputer im Test: Empfehlungen, Stärken, Schwächen, Kaufberatung
in Test & Technik
40 Kilometer pro Stunde, 35, 30, 20, 10. Ein Blick über die rechte Schulter, ein Handzeichen, abbiegen. Links, rechts, geradeaus: Der Pfeil auf dem Display leitet durch unbekannte Gegenden auf einsamen Straßen zu den schönsten Anstiegen. Per Ortung erkennt der GPS-Radcomputer die Position und zeigt am Bildschirm, wohin die Route führt. Die Display-Einheiten auf dem Vorbau sind jedoch weit mehr als Navigationssysteme für die beste Routenführung. Dank der Anzeige von Watt-Leistungswerten oder der Herzfrequenz ermöglichen sie ein minutiös gesteuertes, effizientes Training. Komplexe Intervall-Einheiten lassen sich nach Vorgabe des Computers einfach durchführen. Mehr Leistung durch Toptechnik – doch was können die modernsten Geräte wirklich? Und: Für welchen Fahrertyp eignet sich welches Gerät?
Diese GPS-Radcomputer haben wir getestet
Marke | Modell | Preis im Bundle / Preis als Solo-Gerät | Prädikat |
Bryton | Aero 60 | 269,95 Euro / 199,95 Euro | Preis-Leistung |
Garmin | Edge 830 | 499 Euro / 399 Euro | Testsieger |
Lezyne | Mega XL GPS | – / 199,95 Euro | |
Sigma | ROX 12.0 Sport Set | 479 Euro / 399 Euro | |
Wahoo | Elemnt Roam | – / 349,99 Euro | Testsieger |
Xplova | X5 Evo | – / 399 Euro |
Die ausführlichen Tests der GPS-Radcomputer finden Sie in der RennRad-Ausgabe 9/2019. Dort erhalten Sie genaue Angaben zum Gerät, Stärken und Schwächen, der App/Plattform und ein präzises, kritisches Fazit. Die Ausgabe können Sie hier als Prinzmagazin oder als E-Paper bestellen.
Die getesteten GPS-Radcomputer in der Bildergalerie
GPS-Radcomputer im Test: Bedienung
Ob Touchscreen oder Tasten an den Seiten oder an der Front: Es gibt bei GPS-Computern unterschiedliche Bedien-Konzepte. Je nach Hersteller unterscheiden sie sich – sie bieten unterschiedliche Vorteile, aber auch mögliche Nachteile. Welches Konzept das individuell optimale ist, hängt vom Einsatzzweck ab und ebenso von persönlichen Präferenzen.
Wer ein Gerät mit Touchscreen kauft, etwa von Garmin, Sigma oder Xplova, wird feststellen: Die Displays reagieren bei den besten Modellen oft genauso flüssig wie bei modernen Smartphones. Ähnlich wie bei einem Smartphone können teilweise auch Zusatz-Info-Fenster per Wisch-Geste aufgerufen werden. So überträgt sich die im Alltag gewohnte Bedienweise auch auf das Rennrad-Training.
Leider aber lässt sich keines der getesteten Geräte bisher mit Multi-Touch bedienen. Möchte man beispielsweise zoomen, dann muss man oft mehrmals tippen. Während der Fahrt kann das ein großer Nachteil sein – denn es kann Aufmerksamkeit erfordern, die eigentlich im Straßenverkehr dringend benötigt wird. Idealerweise lenkt die Bedienung des Computers so wenig wie möglich ab. Auch lassen sich Touchscreens nur mit speziellen Touch-Handschuhen bedienen. Bei Fahrten in der Kälte ist dies zu beachten. Ein weiterer Nachteil: Tropft Regen oder Schweiß auf die Display-Fläche, dann kann die Feuchtigkeit die Touch-Funktionen beeinflussen.
Vorteile der Tasten-Bedienung
Hier kommen die Vorteile der Bedienung durch Tasten zum Tragen. Über die robusten Druckknöpfe lassen sich alle Funktionen zu jeder Jahreszeit zuverlässig aufrufen.
Allerdings sind manche Steuerungsbefehle unverständlich gelöst: Die Tasten sind manchmal seitlich beschriftet, was für die Bedienung während der Fahrt nicht praktikabel ist – denn man sieht diesen Bereich während der Fahrt ganz einfach nicht. Manche Tasten sind doppelt belegt – teilweise aber, ohne dass diese Doppelbelegung auch durch eine Anzeige nachvollziehbar ist. Auch funktioniert der Wechsel der Display-Seiten manchmal mit unterschiedlichen Tasten. Das ist nicht immer sofort logisch nachzuvollziehen. Manche dieser Herausforderungen lassen sich mit etwas Erfahrung lösen.
Am bedienerfreundlichsten ist Wahoo: Erhält eine der drei wichtigsten Tasten eine neue Funktion, dann wird dies auch auf dem Display angezeigt. Eine Kombination aus einem Touchscreen und Tasten kann die beste Lösung sein – wenn sie so entwickelt wurde, dass die Vorteile beider Bedien-Konzepte zum Tragen kommen. So lassen sich die Grundfunktionen mit den Tasten regeln, während man per Touch-Steuerung durch die Kartendarstellung scrollt.
Aufwand
Auf diese Kombination setzen auch die drei oben genannten Hersteller von Touchscreen-Computern – allerdings mit unterschiedlichen Ansätzen. Das beste kombinierte Bedienkonzept liefert Sigma – es erwies sich im Test als bedienerfreundlich und sehr durchdacht. Im Test-Einsatz überzeugten die Geräte überwiegend, doch das Einstellen und Konfigurieren verlief teilweise frustrierend.
Bis die Geräte in allen Funktionen einsatzbereit waren, war manchmal ein größerer Aufwand nötig. Manche Systeme benötigen ein Smartphone, einen Computer sowie das Gerät selbst, damit man alle Daten einstellen kann. Zudem sind die Benutzeroberflächen der Smartphone-App, der Desktop-App und des GPS-Computers teilweise sehr unterschiedlich. Auch auf die deutschsprachige Navigation kann man sich leider nicht immer bei allen Geräten verlassen.
GPS-Radcomputer: Einstellung & Konfiguration
Die Übersetzungen der Menü-Anweisungen sind teilweise missverständlich. Auch die Konnektivität war nicht immer überzeugend: Manchmal brauchte es zehn bis zwanzig Versuche, bis sich das Gerät mit dem Handy verbunden hatte. Synchronisiert wird dann erst nach unverständlich vielen Menüschritten, die man immer wieder durchlaufen muss.
Man fühlt sich in die 2000er-Jahre, in die Zeit der ersten Smartphones zurückversetzt, wenn man auf dem Gerät selbst die Anmeldedaten für Strava auf drei Millimeter großen Buchstaben eintippen soll – und die Synchronisierung dann wieder nicht funktioniert. Dass es auch anders geht, beweist Wahoo. Zur ersten Bedienung muss man nur das Elemnt-Gerät anschalten, den QR-Code mit der App scannen – und schon ist das Gerät verbunden. Alle Einstellungen werden via App vorgenommen und ohne Verzögerung auf den Tacho übertragen.
Smartphone-Apps werden benutzerfreundlicher
Positiv ist: Die Smartphone-Apps der Systeme werden immer sauberer und benutzerfreundlicher programmiert. Handy und GPS-Computer funktionieren oftmals als Einheit. Hier lassen sich die Funktionen einstellen, hier lassen sich Routen planen, hier lassen sich gefahrene Touren auswerten und am Ende auf andere Plattformen hochladen. Das funktioniert oft recht reibungslos.
Ein internes Ranking während des Tests ergab folgendes Bild: Die beste und umfangreichste App bietet Garmin. Es folgen Sigma und dann Bryton. Etwas abgeschlagen waren die Programme von Xplova und Lezyne, die uns hier nicht auf voller Linie überzeugen konnten. Leider sind nicht alle Web-Plattformen und Desktop-Apps immer auf dem gleichen Niveau wie die Smartphone-Apps.
Sehr gut macht das hingegen Garmin: Hier werden die Apps für alle Geräte auf dem neuesten Stand gehalten. Eine große Stärke der Geräte der neuesten Generation ist, dass sie inzwischen mit unterschiedlichen Sensoren umgehen können. Alle Geräte beinhalten die Funkstandards ANT+ und Bluetooth 4.0. Das macht vieles einfacher: Bei der Wahl der Sensoren ist man nicht an die Hausmarke gebunden, man kann das Gerät einfach individuell aufrüsten. Wer mit elektronischer Schaltung fährt, kann sich zudem den aktuell gewählten Gang anzeigen lassen.
Kartendarstellung & Routenführung
Ein Schwerpunkt in diesem Test lag auf den GPS-Funktionen: Getestet wurden nur Geräte mit integriertem Karten-Modul. Die Spannweite bei den Geräten ist aber entsprechend groß.
Prinzipiell kann man sagen: Bei der Darstellung von Details ist ein Farb-Display überlegen. Allerdings sollte dann auch das Display kontrastreich und ausreichend groß sein. Ein Beispiel: Xplova hat mit Google Maps ein Top-Kartenpaket an Bord, jedoch ist der Bildschirm etwas blass. Das macht die Orientierung gerade bei diffusem Licht schwieriger.
Praktikabilität bei der Kartendarstellung
Bei Sigma bringt die Farbwahl bei gewissen Straßentypen Schwierigkeiten mit sich. Einen wirklich hervorragenden Bildschirm verbaut hingegen Garmin, und auch das Monochrom-Farb-Display des neuen Wahoo Elemnt Roam ist eine sehr gelungene Lösung.
Bei der Kartendarstellung geht es aber auch um die Praktikabilität. Möchte man vorausschauend fahren, dann sollte die Karte auch bei größerem Maßstab noch genügend Straßen anzeigen. Es zeigt sich, dass hier die Monochrom-Bildschirme, auch der des Wahoo, deutliche Schwächen haben. Ab einem Maßstab von 500 bis 1000 Metern sind die Nebenstraßen nicht mehr zu erkennen.
Wie schnitt die Navigation ab?
Auch die Navigation haben wir getestet. Alle Geräte versorgten uns zuverlässig mit Abbiegehinweisen, sofern die Route vorher geplant war und man sich an die vorgegebene Strecke hielt. Mit Streckenänderungen können Garmin und Sigma am besten umgehen. Bei Sigma funktioniert dies sogar ohne mitgeführtes Handy.
Unterwegs eine neue Route zu planen, stellte manches Gerät aber vor eine Herausforderung. Wer unterwegs seine Strecke variieren will, sollte dafür besser das Smartphone nutzen.
Probleme bei der Navigation
Leider gibt es auch bei der neuesten Generation von GPS-Trainingscomputern öfter Navigations-Probleme. Immer wieder wird man auf Feldwege gelotst. Geräte stürzen ab, wenn man unterwegs die Route ändert. Ortsnamen stehen in der Darstellung auf dem Kopf, wenn man in Richtung Süden fährt. Vielleicht sollten manche Hersteller erwägen, mit Anbietern wie Komoot zusammenzuarbeiten. Denn: Wer gute Apps vom Smartphone gewohnt ist, wird bei vielen GPS-Computern enttäuscht sein – und die teils großen Abstriche nur ungern in Kauf nehmen.
Grundsätzlich dienen hier alle Geräte auch der Trainingssteuerung. Entweder stehen eigene Trainingsprogramme zur Verfügung oder es werden Plattformen wie TrainingPeaks eingebunden. Auch die notwendigen Erholungszeiten lassen sich je nach Intensität berechnen – auch wenn die Ergebnisse nur Anhaltspunkte liefern können, teilweise schwer nachvollziehbar sind und immer in Zusammenhang mit dem jeweiligen Trainingsvorhaben zu interpretieren sind. Zudem bekommt man oftmals hilfreiche Tipps, wie man sein Training gestaltet. Trainiert also jemand nach Plan oder zumindest teilweise strukturiert, ist das ein hervorragendes Feature. Optimale Ergebnisse bietet hierbei das wattgesteuerte Training mit einem Powermeter.
Akkulaufzeit als Vorteil für GPS-Radcomputer
Ein großer Vorteil von GPS-Computern im Vergleich zu Smartphones ist die lange Akkulaufzeit und die Robustheit. In beiden Fällen sind sie bis auf wenige Ausnahmen deutlich überlegen. Auch ein langer Tag auf dem Rad – auch bei Sturm, Regen und Dreck – lässt sich problemlos meistern.
Überraschenderweise war die Sendeleistung mancher GPS-Module nicht vollkommen überzeugend. Bereits beim Fahren in einem dicht bewachsenen Waldabschnitt war der GPS-Empfang merklich beeinträchtigt. Die Geschwindigkeit stimmte dann nicht mehr oder das Gerät schaltete bereits in den Auto-Pause-Modus, obwohl man noch mit acht bis zehn Stundenkilometern unterwegs war.
Halterung & Aerodynamik
Eine gute Aerodynamik entsteht auch durch „marginal gains“. Wenn man überall ein paar Watt spart, ergibt sich insgesamt ein großer Vorteil. Auch Radcomputer finden in der Regel vor dem Lenker auf der Höhe des Vorbaus Platz. Das ist eine aerodynamisch günstige Position – und eine, bei der sich das Display besonders gut ablesen lässt.
Am konsequentesten setzen dies Wahoo und Bryton um. Beide Geräte bilden gemeinsam mit der Halterung eine besonders windschlüpfrige Einheit. Bei Xplova, Sigma und Garmin ist beim Kauf im Paket zwar eine Aero-Halterung zur Montage vor dem Lenker inkludiert. Hier thront aber der Tacho immer oben auf der Halterung. Lezyne liefert diese als einziger Hersteller nicht mit. Hier kann der Tacho nur auf dem Vorbau oder am Lenker montiert werden.
Manche Geräte bieten zudem interessante Extras: Xplova integriert eine Onboard-Kamera, die gute Aufnahmen liefert. Bei Lezyne lässt sich das Display sowohl hochkant als auch im Landscape-Modus betreiben. Mit dem Garmin 830 lässt sich zudem hauseigenes Zubehör wie die Action-Cam oder die Beleuchtung steuern. Bei Wahoo überzeugen die Quick-Look-LEDs am Display-Rand – sie helfen bei der Trainingsteuerung.
GPS-Radcomputer im Test: Fazit
199 Euro kostet der günstigste GPS-Radcomputer mit Kartendarstellung in diesem Test. Grundsätzlich können alle Testgeräte überzeugen – je nachdem, wofür man sie überwiegend einsetzen will: Sie haben ganz unterschiedliche Stärken. Unsere Testurteile bieten einen Überblick.
Bei der Wahl kommt es dann auf die Details an: Ist mir die optimale Trainingssteuerung wichtiger als eine bestmögliche Navigation? Brauche ich Strava-Live-Segmente? Wie lange sind meine Touren? Bevorzuge ich einen Touchscreen und ein Farb-Display? Es kann hilfreich sein, sich eine Prioritäten-Liste zu erstellen und anhand unserer Testberichte zu vergleichen. Aber: Wer das bestmögliche Kartenmaterial und eine sehr gute Navigation möchte, der findet das beste Gerät eher in der 400-Euro-Klasse.