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Dopingfälle bei Profis, Amateuren und Hobby-Athleten – eine Bilanz

Dopingfälle

Dopingfälle bei Profis, Amateuren und Hobby-Athleten – eine Bilanz

Dopingfälle bei Profis, Amateure, Hobby-Athleten: Rennen, Radmarathons, Tests und Sanktionen – eine Bilanz der Vorsaison.
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Sieben „auf einen Streich“: Gleich sieben Radprofis eines einzigen portugiesischen Teams sind gesperrt worden – unter ihnen ist auch der ehemalige Gewinner der Volta a Portugal. Die Gründe: Anomalien in den biologischen Pässen und der Besitz verbotener Mittel – unter anderem von Wachstumshormonen. Ausgesprochen wurden die Sperren 2022 von der UCI und der portugiesischen Anti-Doping-Agentur. Die sieben Fahrer, die alle für das portugiesische Continental-Team „W52 FC Porto“ fuhren, wurden je für Zeiträume zwischen drei und sieben Jahren von Radrennen ausgeschlossen.

Dopingfälle: Tests und Ergebnisse

Dem Team wurde zudem im Sommer die Lizenz entzogen. Alle sieben Sportler legten Geständnisse ab. Dies waren wohl mit die spektakulärsten „Radsport-Dopingfälle“ des Jahres 2022. Beziehungsweise: die spektakulärsten sieben. Betroffen waren Fahrer aus der „dritten Liga“ des Radsports. In der ersten, der World Tour, wurde kein einziger Fahrer des Dopings überführt. In diesem Zeitraum und davor.

Seit zwei Jahren und zwei Monaten ist eine neue Test-Agentur für den Radsport zuständig. Jahrelang nahmen Abgesandte der Stiftung Cycling Anti-Doping Foundation, CADF, die Kontrollen beziehungsweise Tests vor. Anfang 2021 verkündete der Radsport-Weltverband UCI dann jedoch deren Ausbootung.

Die noch junge International Testing Agency, ITA, wurde eingesetzt. Seitdem wurde kein Profi aus der ersten Liga des Radsports mehr des Dopings überführt. Die aktuellen Fälle werden in der Saison-Statistik der „Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport“, MPCC, erfasst. Darin sind alle Doping-Vergehen, die zwischen dem 1. Januar und dem 30. September publik wurden, enthalten.

Die Zahlen zum Radsport: 16 Fälle, neun davon unter den Straßen-, drei unter den Bahn-, zwei unter den Mountainbike- und je einer unter den BMX- und unter den Cyclocross-Fahrern – 14 Männer und zwei Frauen. Drei der 16 Verfahren wurden wegen des wiederholten Verstoßes gegen die vorgeschriebenen Aufenthalts-Mitteilungs-Regeln eingeleitet. In der Saison-Statistik wurden auch die Doping-Fälle in anderen Sportarten erfasst – und in die Relation gesetzt. Auf „Rang eins“ der Sportarten weltweit: Gewichtheben, mit 44 Fällen. Auf den weiteren Plätzen: Leichtathletik mit 38, Tennis mit 32, Baseball mit 27, Powerlifting mit 22 Fällen. Der Radsport folgt auf Rang sechs, vor dem Basketball mit 14 und dem Fußball mit elf Fällen. Auf Rang eins des Länderrankings: Russland mit 101 Dopingfällen. Zweiter: die USA, 53 Fälle. Dritter: Italien, 32 Fälle.

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Dopingfälle: Um zu finden, muss man suchen

Jedoch ist das italienische Radsport-Testsystem ein, im internationalen Vergleich, besonderes. Denn generell gilt: Um zu finden, muss man erst einmal suchen. Ergo: Testen – und das möglichst sinnvoll, intelligent, effizient. So ist Italien etwa das einzige Land, in dem auch Jedermann- und Hobby-Radsportler bei großen Rad-Events regelmäßig auf verbotene Mittel getestet werden. Dies hat etliche Effekte.

Zum einen auf die Zahlen: So kam es in 2022 zu Sanktionen der nationalen Anti-Doping-Agentur Italiens gegen gleich 17 italienische Amateur- beziehungsweise Hobby-Radsportler. Sie alle fielen bei Dopingtests im Rahmen von Radmarathons und anderen „Nicht-Profi-Rennen“ auf – unter anderem wurde ihnen im Zuge dessen der Gebrauch „schwerer“ Dopingmittel wie etwa Erythropoetin, EPO, nachgewiesen. Bis einschließlich 2021 galt in Italien zudem: Ex-Profis und Ex-Doper sind generell von allen Amateur-Rad-Wettkämpfen ausgeschlossen – lebenslang. Im Herbst 2021 hat der italienische Radsport-Verband FCI umfassende neue Regeln für den Amateur-Radsport verabschiedet, die seit 2022 gelten – mit großen Änderungen: Seitdem dürfen verurteilte Doper nach der Verbüßung ihrer Sperre  wieder in den Sport zurückzukehren.

Hobbysport und Betrug

Besonders eindrucksvoll war etwa das Podium eines WM-Rennens in Italien: jenes der Männer der Altersklasse 45 bis 49 Jahre der Radmarathon-WM, des „UCI Gran Fondo World Championship“. Der Ort: Trento. Das Datum: 18. September 2022. Die Strecke: 143,8 Kilometer. Die Fahrzeit: 4:34 Stunden. Das Stundenmittel des Siegers: 31,5 km/h. Wie das Medium „Gran Fondo Daily News“, GFDN, zuerst berichtete, hatten drei der Top-Vier-Platzierten dieses Rennens beziehungsweise Radmarathons eine besondere Gemeinsamkeit und Vergangenheit: Sie alle waren bereits wegen Doping-Vergehen sanktioniert worden. Und: Zwei von ihnen waren einst Radprofis.

Der neue Weltmeister: Igor Kopse, 49, aus Slowenien. Es war sein insgesamt achter Radmarathon-WM-Titel. Der Weltradsportverband UCI erhob ihn kürzlich in die „Gran Fondo World Championship Hall of Fame”. 2016 wurde er von der slowenischen Anti-Doping-Organisation für vier Jahre gesperrt. Er verweigerte nach seinem Sieg beim King of The Lake in Österreich, Europas größtem Einzelzeitfahren, den vorgeschriebenen Dopingtest. Stattdessen behauptete er, am Tag vor dem Rennen ein Erkältungsmedikament mit dem verbotenen Aufputschmittel Pseudoephedrin eingenommen zu haben.

Dopingfälle: Fallzahlen und Gründe

Auf Rang drei des Gran-Fondo-WM-Rennens dieser Altersklasse: der französische Ex-Profi Loic Herbretau, 47. Im Januar 2022 wurde er, laut des Mediums GFDN, von einem französischen Strafgericht wegen „Anstiftung zum Doping” zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 2000 Euro verurteilt. Laut Gerichtsdokumenten hatte er Radsportler an Bernard Sainz, Frankreichs berüchtigten Dopingarzt, vermittelt. Weder die französische Anti-Doping-Agentur noch die UCI schlossen ihn danach allerdings von ihren offiziellen Wettkämpfen aus.

Auf Rang vier desselben WM-Rennens von Trento: Der Belgier Dave Bruylandts – auch er war einst ein Rad-Profi. 2004 wurde er wegen des Gebrauchs von EPO für 18 Monate gesperrt. Nur wenige Tage vor dem Ablauf seiner Sperre durchsuchte die belgische Polizei sein Haus nach Hinweisen auf Dopingmittel. Bereits vor seiner EPO-Sperre wurde er im Jahr 2000 von seinem Farm-Frites-Team während eines Etappenrennens freigestellt, als er einen Hämatokrit-Wert von 53 Prozent aufwies. Ein Wert über 50 Prozent galt als ein Indiz für den EPO-Missbrauch.

Für alle drei Fahrer gilt: Sie haben, in Bezug auf die Radmarathon-WM, keine der bestehenden Regeln gebrochen. Ein anderer, in Italien gesperrter, Fahrer ist der UCI-Masters-MTB-Weltmeister von 2021, Andrea D’Oria. Er hatte gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen und sich geweigert oder es versäumt, eine biologische Testprobe einzureichen. Er ist der siebte UCI-Amateur-Weltmeister, der in den vergangenen Jahren wegen eines Verstoßes gegen Anti-Doping-Regeln gesperrt wurde. Die italienische Radmarathon-Szene wird seit Jahren immer wieder von Doping-Fällen und -Ermittlungen erschüttert. Im September 2022 erteilte die nationale Anti-Doping-Agentur Italiens, NADO, dem Sieger des Gran Fondo Strade Bianche 2021, Onofrio Monzillo, ein dreijähriges Sportverbot wegen EPO-Dopings. Im November wurde seine Sperre wegen weiterer EPO-Doping-Vergehen auf elf Jahre verlängert.

Wenige Wochen später folgte mit seinem Teamkollegen Giovanni Battista Vendemia der dritte Dopingfall desselben Radmarathon-Teams innerhalb zweier Monate: der Equipe ASD Marrone Autoricambi. Sein Vergehen: das Verweigern einer Dopingkontrolle.

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Nur dort, wo getestet wird, kann auch etwas gefunden werden

Notwendigkeit von Dopingtests im Nicht-Profi-Bereich

Im Oktober 2022 suspendierte die NADO zudem den damals 51-jährigen Amateurradsportler Giuseppe Corsello vorläufig von allen Wettbewerben, nachdem er positiv auf EPO getestet worden war. Im Jahr 2014 gewann dieser das 106 Kilometer lange Medio-Fondo-Rennen des berühmten Maratona dles Dolomites in den Dolomiten. 2015 belegte er beim selben Rennen den fünften, 2019 den vierten Platz. 2022 fuhr er beim Radmarathon „Gran Fondi Marcialonga Craft“ auf Rang sechs – und auf Rang drei beim renommierten „Sportful Dolomiti Race“. Giuseppe Corsello ist innerhalb der Equipe ASD Faenza Factory auch ein Teamkollege von Stefano Stagni, dem Sieger des Maratona dles Dolomites 2022. Er wird beschuldigt, bei seinem Sieg Motordoping eingesetzt zu haben.

Die Erkenntnis aus diesen Zahlen ist extrem profan – und wird dennoch, so scheint es, in vielen anderen Ländern weitgehend ignoriert: Nur dort, wo getestet wird, kann auch etwas gefunden werden. Dass es, auch im Nicht-Profi-Bereich und bei Radmarathons, eine Notwendigkeit dafür gibt, zeigen die Doping-Fall-Zahlen.

Eine grundlegende Frage dazu lautet: Warum dopen Hobby-Athleten? Den Versuch einer umfangreichen teil-psychologisierenden Antwort darauf finden Sie im großen Analyse-Leitartikel der RennRad-Ausgabe 9/2019.

Dieser Leitartikel erschien in der RennRad 3/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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