"Oben bleiben ist eine Herausforderung"
Team Bora-hansgrohe vor der WorldTour-Saison 2023
in Race
Hochkommen ist einfach, oben bleiben eine Herausforderung,“ sagt Ralph Denk, Teamchef des deutschen WorldTour-Rennstalls Bora-hansgrohe und weiß um den Druck, der auf der Mannschaft und seinen Fahrern lastet, wenn mit der Tour Down Under in Australien bereits Mitte Januar die neue Straßensaison beginnt. „Mittelfristig wollten wir eine Grand Tour gewinnen. Dass es dann gleich die erste (des Jahres) sein wird, das hat uns überrascht“, erinnert Denk an den Triumph im Giro.
Im Mai 2022 feierte Bora-hansgrohe mit Jai Hindley als Gesamtsieger des Giro d`Italia den größten Erfolg seit Bestehen der Mannschaft. Zu Jahresbeginn hatte man noch vorsichtig optimistisch erklärt, man wolle in den Grand Tours am Gesamtklassement kratzen. Dass es gleich zum ersten Triumph einer dreiwöchigen Rundfahrt reichen würde, ahnte da noch niemand. In diesem Jahr wird Hindley nicht den Giro, sondern die Tour bestreiten, während Alexandr Vlasov, 2022 Fünfter der Tour, beim Giro um das Rosa Trikot fahren soll. „Wir hatten die Mannschaft seit Oktober auf unsere Ziele eingeschworen und wollen uns den Herausforderungen stellen“, sagt Denk.
Emanuel Buchmann bei der Tour de France 2023?
In der Tour de France bekommt neben Hindley auch der Tour-Vierte von 2019, Emanuel Buchmann, als Co-Kapitän seine Chance. „Bei Emu ist vorgesehen, dass er sich für die Tour qualifizieren soll. Mit einer Ein-Kapitän-Strategie wird es schwer, weil man in Frankreich mit (Tadej) Pogacar und (Jonas) Vingegaard sowieso zwei vor sich hat. Da fährt man um den dritten Podiumsplatz“, sagte Sportdirektor Rolf Aldag in einer Pressekonferenz auf Mallorca vor Jahresbeginn.
„Es ist vorstellbar, wieder eine Mehrpersonenstrategie zu fahren, wie wir es beim Giro letztes Jahr auch anfangs gemacht haben“, sagte Aldag und betont, dass Hindley die Nummer 1 in der Tour werden soll. „Emu (Buchmann) wird aber ganz bestimmt auch seine Chancen bekommen und wir glauben weiter an ihn“, betonte Aldag. In Frankreich will man aber nicht alles dem Klassement unterordnen. „Wir werden mit gemischter Zielsetzung zur Tour fahren, denn wir können nicht sechs bis acht Sprintetappen ignorieren. Der Trend geht dazu, mit Sam Bennett als Sprintkapitän in Frankreich anzutreten“, so Aldag. Derzeit stehen 16 Fahrer im vorläufigen Tour-Aufgebot von Bora-hansgrohe.
Lennard Kämna und der Giro d‘Italia
Lennard Kämna, der im letzten Jahr u.a. als Etappensieger im Giro überzeugte, wird auch 2023 wieder den Giro unter die Räder nehmen. „Sein Fokus liegt auf dem Giro. Für ihn ist es weiter ein Entwicklungsprozess. Wir wollen gucken, wie weit er kommt, um dann innerhalb der Rundfahrt eine Entscheidung zu treffen“, blickt Aldag auch aufs Gesamtklassement. „Lenny hat Zeitfahr-Qualitäten und es gibt viele Zeitfahren beim Giro. Die Berge liegen ihm dort auch.“
Nachdem das Jahr 2022 bei Maximilian Schachmann eher zum „abhaken“ war, blickt der 29-Jährige jetzt voller Optimismus auf die neue Saison. Weil er wegen gesundheitlichen Problemen früher als sonst in die Saisonpause ging, beginnt das Jahr 2023 für ihn früher als in den letzten Jahren. Schon Anfang Januar reiste der Berliner mit Wohnsitz am Gardasee nach Australien zur Tour Down Under „Ich habe mich in den letzten Wochen im Training richtig gut gefühlt, ich sehe Fortschritte und schaue nach vorn. Aber Training und Rennen fahren sind zwei Paar Schuhe,“ weiß Schachmann, der in dieser Saison auch die Klassiker Mailand-Sanremo und Flandern-Rundfahrt bestreiten will und nicht nur in den Ardennen sein Können demonstrieren will.
Nils Politt und Marco Haller als Klassiker-Spezialisten
In Flandern und bei Paris-Roubaix sind die Augen aber auf Fahrer wie Nils Politt und Marco Haller gerichtet. „Wir hatten im letzten Frühjahr große gesundheitliche Probleme in der Mannschaft. Das Team hat trotzdem große Moral beweisen. Wenn sie diese psychische Stärke jetzt in die neue Klassikersaison mitnehmen, wird das spannend,“ sagt Aldag.
Der Sportdirektor sieht Top-Fahrer wie Wout van Aert oder Mathieu van der Poel in die Klassikern vorn, sein Team kann den Rennen aber dennoch wichtige Impulse geben. „Wir kommen über die Breite. Das macht es interessant,“ sagt Aldag.