Evenepoel jubelt in Madrid
Remco Evenepoel gewinnt die Vuelta a España 2022
in Race
Die Radsport-Welt staunte nicht schlecht, als ein junger Belgier namens Remco Evenepoel 2018 die Juniorenszene aufmischte. Bei den Europameisterschaften im tschechischen Brünn gewann der junge Mann aus Flandern sehr eindrucksvoll beide Titel. Im Straßenrennen siegte er mit fast zehn Minuten Vorsprung. Derart deklassiert hat die Konkurrenz zuvor noch kein Junioren-Champion. Wenige Wochen später schlüpfte er in Innsbruck auch ins Regenbogentrikot der Junioren, im Straßenrennen und im Einzelzeitfahren. Die belgische Presse war völlig aus dem Häuschen, nannte den Belgier den „Kannibaal van Schepdaal“, in Anlehnung an den großen Eddy Merckx, dem sie den Spitznahmen „der Kanibale“ gaben. Solche Vergleiche mag Remco Evenepoel gar nicht. „Ich bin Remco und nicht Eddy“, sagt er genervt, wenn ihn jemand darauf anspricht.
Ein Jahr später begann er seine Profikarriere bei Quick Step, gerade einmal 19 Jahre jung, die Klasse der U23 hatte er übersprungen. Und er begann seine Profikarriere nicht gerade langsam: Sieg in der Belgien-Rundfahrt, aber vor allem der Erfolg im schweren baskischen Klassiker San Sebastian und der Zeitfahr-Triumph bei der Europameisterschaft in Alkmaar ließen bereits im Jahr 2019 erahnen, was da heranwächst. Die durch Corona dezimierte Saison 2020 verlief ebenfalls erfolgreich, bis zu jenem verhängnisvollen Sturz bei der Lombardei-Rundfahrt, wo Evenepoel über eine Brückenmauer stürzte und sich das Becken brach. Acht Monate musste er aussetzen.
Die erste Grand Tours
Im Mai 2021 startete er beim Giro d’Italia bei seiner ersten Grand Tours und lag sehr gut im Rennen, ehe er auf der 16. Etappe einbrach und viel Zeit einbüßte. Nur einen Tag später stürzte er schwer und musste aufgeben.
Vier Wochen später fuhr er bei den belgischen Meisterschaften aber schon wieder aufs Podest und gewann bei der Straßen-WM in seiner Heimat Bronze im Einzelzeitfahren, nachdem er zuvor bereits EM-Dritter im Zeitfahren und sogar EM-Zweiter im Straßenrennen geworden war.
Remco Evenepoel: Ausnahmetalent
Evenepoel ist ein Ausnahmetalent, das seine Stärken bisher vor allem in schweren Eintagesrennen ausspielen kann. Mit einer 30 Kilometer langen Soloflucht begeisterte er in diesem Jahr bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, und er gewann im August zum zweiten Mal die Clásica San Sebastián.
Dass er aber bei seiner Vuelta-Premiere gleich den Gesamtsieg nach Hause fahren konnte, das hatten nur wenige erwartet. Sein Teamchef Patrick Lefevere schon. Evenepoel habe sich im letzten Jahr verändert, sei körperlich aber vor allem mental ein anderer geworden, findet der Coach und nennt seinen Fahrer „Remco Evenepoel 2.0“. Der 22-Jährige ist körperlich leidensfähig, voller Explosivität und verfügt über große mentale Härte.
Mehr als zwei Minuten Vorsprung
Das hat die Konkurrenz in der Vuelta zu spüren bekommen. Evenepoel zeigte keine Schwäche und trug das Rote Trikot mit mehr als zwei Minuten Vorsprung bis Madrid.
Auch an den steilsten Bergen konnten sie ihn nicht abhängen, ihm keine Zeit abjagen. Evenepoel hat auf ganzer Linie überzeugt.