Am Cap Formentor auf Mallorca
Coronavirus und Mallorca

Kein Radsport auf Mallorca

Coronavirus und Mallorca

Coronavirus: Gefangen auf Mallorca? Kein Training? Wie ist die Lage in Spanien? Auf der Rennrad- und Radsport-Insel Mallorca? Einblicke.
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Das Coronavirus und die Trainingslager-Destination Nummer 1: Mallorca. Viele Radsportler, darunter viele Deutsche, befanden und befinden sich auch in diesem Jahr zum Rennradfahren auf der Baleareninsel. Jetzt hat sich die Lage verschärft: Spanien hat Ausgangssperren verhängt, auch zum Radfahren darf man nicht mehr vor die Tür. Philipp Schulze lebt seit Jahren auf Mallorca und arbeitete als Rennrad-Guide und Radmechaniker. Inzwischen vermietet er seine Villa Veloco in Pollenca vor allem an Rennradfahrer. Seine Einschätzung der Lage – kurz nachdem er seine letzten Gäste zur Heimreise zum Flughafen in Palma gebracht hat.

RennRad: Mallorca ist eine der beliebtesten Destinationen für deutsche Rennradfahrer, jetzt ist die Hauptsaison. Nun verhängte die spanische Regierung wegen des Coronavirus Ausgangssperren – was bedeutet das?

Philipp Schulze: „Die Menschen dürfen nun nur noch aus ihren Häusern, um die nötigsten Dinge zu tun – zur Arbeit fahren, zum Arzt gehen, Lebensmittel kaufen. Zum Radfahren jedenfalls nicht. Es heißt, dass mindestens 601 Euro Strafe fällig werden, wenn man beim Radfahren erwischt wird. Es ist aber auch von deutlich höheren Strafen bei Verstößen gegen die Ausgangssperre die Rede, von bis zu 30.000 Euro. Klar ist jetzt: Die Situation wird auf jeden Fall mindestens 15 Tage andauern. Es heißt von offizieller Seite aber auch, dass man sich schon darauf einstellen sollte, dass es noch länger so gehen könnte – so lange es eben nötig ist.“

Mallorca und das Coronavirus: erst entspannt, dann chaotisch

Wie verliefen die Tage zuvor?

„Hier haben sich die Ereignisse überschlagen. Bisher war es ruhig, jetzt herrscht Chaos. Das öffentliche Leben wird auf ein Minimum heruntergefahren. Dass sich die Bedingungen so schnell und so dramatisch ändern – damit hätten wir vor wenigen Tagen nicht gerechnet. Wir wussten, dass sich die Situation zuspitzen würde, aber nicht wie schnell und wie stark. Bis vergangenen Donnerstag war es hier, verglichen mit Deutschland, ruhig. Es war keine Aufregung zu spüren, keine Panik. Und es waren auch keine Hamsterkäufe zu bemerken. Soweit man das einschätzen konnte, gab es bisher auf Mallorca auch deutlich weniger gemeldete Corona-Fälle als an anderen Orten.

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Wie konnten sich die Radsportler darauf einstellen?

„Am Freitag hieß es dann, dass es Maßnahmen geben wird. Am Samstag wurden die Ausgangssperren für diese Woche angekündigt. Spätestens da war den meisten klar, dass sie so schnell wie möglich in ihre Heimat reisen sollten. Und bereits am Sonntag durften viele Hotelgäste nicht mehr zum Radfahren auf die Straßen. An den Stellen, an denen viele Radfahrer auf den beliebtesten Rennrad-Touren vorbeikommen, standen oft Polizeiautos quer auf der Straße, etwa am letzten Kreisverkehr auf dem Weg zum Cap Formentor. Die Polizisten wiesen die Radfahrer dort an, wieder heimzufahren.“

Ein- und Ausreise: Werden die Balearen komplett abgeschottet?

Wie ist die Lage generell in Spanien? Wie gehen die Spanier damit um?

„Die Einheimischen haben sich früher als die Touristen aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen. Leider sind die Maßnahmen aber nicht ganz einheitlich durchgesetzt: Manche Geschäfte sind noch geöffnet, andere nicht. Am gravierendsten ist es wohl weiterhin in Madrid, das hat man ja auch in den deutschen Medien mitbekommen. Sicherlich war die Demonstration zum Weltfrauentag mit zehntausenden Menschen nicht dafür förderlich, die Verbreitung des Coronavirus so gut wie möglich einzugrenzen. Was die Baleareninseln betrifft: Es gibt derzeit Gespräche, um die Balearen komplett abzuschotten. Das soll auch Reisen vom spanischen Festland betreffen. Man hofft, dass die Ausbreitung des Virus auf den Inseln so eingedämmt werden kann.“

Radsport auf Mallorca: Pause wegen Coronavirus

Radsport auf Mallorca: Pause wegen des Coronavirus

Wegen Coronavirus: Pools geschlossen, Essen auf dem Hotelzimmer

Sind denn noch viele Touristen auf Mallorca? Und kommen die noch alle nach Hause?

„Ich habe von ganzen Familien gehört, die noch am Samstag angekommen sind. Da war aber längst klar, wohin es geht. Viele Hotels sind aber schon im Krisenmodus: Die Außenbereiche und Pools sind geschlossen, auch die Hotelrestaurants, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden. Viele Gäste bekommen ihr Essen aufs Zimmer geliefert. Die Gäste in unserer Villa Veloco konnten aber alle rechtzeitig ihre Flüge umbuchen. Ich habe heute die letzten von ihnen zum Flughafen gefahren, und jetzt befinden sich alle auf dem Heimweg.“

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Wie ist die Stimmung unter den Radsportlern?

„Am Flughafen in Palma sieht man viele ratlose Gesichter. Es entwickelt sich alles so schnell, ob in Spanien oder in den Heimatländern der Touristen. Viele wissen nicht so recht, ob sie noch von hier ausreisen und dann wieder in ihr Heimatland einreisen dürfen – oder wie es dort für sie weitergeht. Die Maßnahmen und Vorschriften ändern sich ja laufend. Die großen Radverleihe haben schon am Samstag angekündigt, ihre Leihräder von den Gästen zurückzuholen und die geführten Touren abzusagen.“

„Rennrad-Events auf Mallorca sind im Moment schwer vorstellbar.“

Was heißt das für Mallorca als Radsport-Insel?

„Für mich ist klar: Die Radsaison ist durch, das war’s. Jetzt ist die absolute Hochzeit für den Radtourismus. Für die kommenden Wochen ist keine Besserung der Lage in Sicht. Den Tourismus trifft es extrem hart. Hier auf Mallorca sind wir alle abhängig von den Touristen, wirklich alle. Der finanzielle Schaden für die gesamte Branche wird riesengroß sein – vor allem für die, die auf die Frühjahrs-Radsport-Touristen setzen und weniger auf die Sommerurlauber. Man denke nur mal an die Cafés im Stadtzentrum von Petra. Die machen in den drei Frühjahrsmonaten ihren Hauptumsatz mit Rennradfahrern, ansonsten geht da nicht so viel.

„Die Radsaison ist durch, das war’s“

Und wenn man ein paar Wochen in die Zukunft blickt: Mallorca 312, der große Radmarathon mit 8000 Teilnehmern, soll ja Ende April stattfinden. Das ist im Moment schwer vorstellbar. Schließlich müssen ja fast alle Teilnehmer mit dem Flugzeug anreisen. Und die vielen Spanier, die einen großen Teil des Starterfeldes ausmachen, können aktuell ja nicht einmal auf den Straßen trainieren. Das einzig Positive an der aktuellen Situation ist: viele werden es wohl gesundheitlich einigermaßen gut überstehen. Wir hoffen, dass wir mit einem superblauen Auge davonkommen.“

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