Fast Energy
Kohlenhydrate und ihr Einfluss auf die Leistung im Radsport
in Ernährung
Die Wattzahlen werden immer geringer. Der Tritt wird langsamer. Die Energie-Reserven sind verbraucht. Der „Tank“ ist leer. Nichts geht mehr. Dies ist er: der gefürchtete Hungerast. Tipps dagegen. Für Rennen oder intensive Trainingseinheiten benötigen Radsportler Kohlenhydrate. Sie dienen als direkte Energiequelle, denn bei Höchstbelastungen kann der Fettstoffwechsel nicht mehr genügend Energie bereitstellen.
Das Carboloading und die Pastapartys am Abend vor dem Rennen sind ein fester Bestandteil der Rennvorbereitung vieler Athleten: Mit Nudeln, Reis und anderen kohlenhydratreichen Speisen werden die Glykogenspeicher so gut wie möglich gefüllt.
Im Wettkampf ergänzt man die sich leerenden Speicher mit Riegeln und Gels, um den Hungerast abzuwenden – und damit den Leistungseinbruch. Im Alltag hingegen gilt eine sehr zuckerhaltige Ernährung als nicht ideal – und auch bei einigen Trainingseinheiten empfehlen manche Trainer und Sportwissenschaftler, den Zuckerkonsum einzuschränken.
Doch welche Kohlenhydrate braucht ein Radsportler? Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Menge sollte man im Wettkampf Kohlenhydrate zuführen?
Der Zucker
Stärke zählt wohl zu den bekanntesten Formen der Kohlenhydrate. Die „Carbs“ sind zusammen mit Fetten der Hauptbestandteil des Energiestoffwechsels von Lebewesen – und bilden gemeinsam mit Fetten und Proteinen die Gruppe der Makronährstoffe. Je nach der Anzahl der Zuckerbausteine werden die Kohlenhydrate in drei große Gruppen eingeteilt.
Einfachzucker oder Monosaccharide: Die Hauptvertreter sind Glukose, Traubenzucker, und Fructose, also Fruchtzucker.
Zweifachzucker oder Disaccharide: Hier ist vor allem der Haushaltszucker zu nennen, wie auch der Malz- und der Milchzucker.
Einfach- und Zweifachzucker kommen hauptsächlich in Süßigkeiten und Obst vor. Nahrungsmittel mit diesen Kohlenhydratverbindungen stellen meist schnell Energie bereit.
Mehrfachzucker oder Polysaccharide: Das wohl bedeutendste Polysaccharid ist Stärke. Mehrfachzucker sind in Getreiden, Vollkornprodukten, Kartoffeln oder Hülsenfrüchten zu finden.
Die Energie
Als wichtigste schnell verfügbare Energiequelle sind Kohlenhydrate essenziell. Grundsätzlich regelt der Blutkreislauf die Energieversorgung. Zum Transport werden alle Kohlenhydrate im Verdauungstrakt in Monosaccharide zerlegt. Das Endprodukt bleibt also immer dasselbe. Doch es gibt Unterschiede.
Während kurzkettige Kohlenhydrate sehr schnell verarbeitet und in den Blutkreislauf eingeschleust werden, benötigt der Verdauungsvorgang bei langkettigen Kohlenhydraten deutlich länger. Erst wenn diese aufgespalten sind, können sie im Blut zu den Muskeln und Organen transportiert werden. Diese relativ lange Verdauungszeit führt zu einer kontinuierlichen Aufnahme von Zucker. Der Blutzuckerspiegel steigt hier deutlich langsamer an und die Insulinreaktion fällt wesentlich geringer aus. Dadurch bleiben starke Blutzuckerschwankungen aus. Die Energie ist zwar etwas langsamer verfügbar, jedoch bleibt die Zufuhr länger konstant.
Unterschiede gibt es aber auch zwischen einzelnen Zuckerarten derselben Kategorie: Sowohl Haushaltszucker als auch Isomaltulose gehören zu den Zweifachzuckern. Doch Isomaltulose gibt, im Gegensatz zum Haushaltszucker, langanhaltender Energie frei, ohne den Blutzuckerspiegel so stark ansteigen und abfallen zu lassen.
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Stimmung & Konzentration
Gummibärchen, Cola, Kuchen: Im Alltag greifen viele Menschen zu stark zuckerhaltigen Lebensmitteln oder Getränken, um etwa die Müdigkeit am Nachmittag zu bekämpfen. Traubenzuckerhersteller werben mit der leistungs- und konzentrationsfördernden Wirkung von Zucker.
Um herauszufinden, wie Zucker die Stimmung, die Aufmerksamkeit sowie die Müdigkeit beeinflussen kann, führten Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin eine Meta-Datenanalyse durch, bei der 31 Studien mit insgesamt 1300 Versuchspersonen ausgewertet wurden. Die Ergebnisse: Zuckerkonsum kann weder eine höhere Konzentrationsleistung noch eine Stimmungsverbesserung bewirken. Eine Stunde nach der Einnahme der stark zuckerhaltigen Nahrungsmittel waren die Probanden sogar müder als zuvor. Ein Mittags- oder Leistungstief lässt sich demnach nicht mithilfe von Zucker bekämpfen.
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Kohlenhydrate im Radsport
Als Energiequelle sind Kohlenhydrate im Ausdauersport unerlässlich. Bei hohen Belastungen gewinnt der Körper seine Energie fast ausschließlich aus dem Kohlenhydratstoffwechsel. Sind die Kohlenhydratspeicher aufgebraucht, benötigt der Körper Nachschub. Belastet man sich in diesem Zustand weiter intensiv, dann droht sogar eine Verstoffwechslung der Eiweißstrukturen – also der Muskulatur.
Man sollte aber beachten, welche Arten von Kohlenhydraten zu welchem Zeitpunkt der sportlichen Belastung sinnvoll sind.
Drei Tage bis 24 Stunden vor dem Wettkampf
In dieser Zeitspanne ist es wichtig, die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen – allerdings nicht mit Gummibärchen, Weißbrot oder Kuchen. Langkettige Kohlenhydrate sind hier optimal. Sie versorgen den Organismus über lange Zeit mit Energie, ohne den Blutzuckerspiegel stark ansteigen zu lassen.
In diesem Zeitraum bleibt ausreichend Zeit für die Verdauung, sodass die Leistung im Wettkampf nicht beeinträchtigt wird. 600 Gramm Kohlenhydrate kann der Körper maximal in der Leber und in der Muskulatur einlagern.
Bis zu drei Stunden vor dem Wettkampf
Zu ballaststoffreiche Nahrungsmittel mit langkettigen Kohlenhydraten sind nun eher zu vermeiden. Jedoch ist auch eine Aufnahme großer Mengen an kurzkettigen Kohlenhydraten vor dem Wettkampf nicht förderlich. Zwar können diese schneller aufgenommen und verarbeitet werden. Aber: Schon nach einer Stunde steigt der Blutzuckergehalt dann rapide an.
Süßigkeiten, Süßgebäck oder süße Getränke führen zu einer sogenannten Hyperglykämie, die wiederum zu einer vermehrten Abgabe von Insulin führen kann. Dadurch wird der Blutzucker rasch wieder abgebaut und fällt sogar unter seinen ursprünglichen Ausgangswert, was einen späteren Hungerast wahrscheinlich macht.
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Kohlenhydrate während des Rennens
Während der sportlichen Aktivität ist der Körper im Ausnahmezustand. Langkettige Kohlenhydrate können in diesem Zustand kaum verdaut und die Energiespeicher nicht schnell genug aufgefüllt werden. Hierfür sind zuckerhaltige Gels oder Riegel sinnvoll.
Auch hier gibt es aber unterschiedliche Mischungen: Verbreitet sind Kombinationen aus Maltodextrin für eine länger anhaltende Energiezufuhr sowie Glucose und Fructose für schnell verfügbare Kohlenhydrate.
Maximal können pro Stunde 90 Gramm Kohlenhydrate aufgenommen werden. Bei einer idealen Kombination der Zuckerarten kann der Körper pro Minute höchstens 1,7 Gramm Zucker verstoffwechseln – ansonsten nur etwa ein Gramm.
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Kohlenhydrate zur Regeneration
Sportwissenschaftler wie Jürgen Weineck empfehlen zur Regeneration einen Mix aus Kohlenhydraten und Eiweiß innerhalb der ersten halben Stunde nach dem Rennen. Idealerweise beträgt das Verhältnis von Kohlenhydraten zu Proteinen 3:1 oder 4:1. Hierfür seien zuckerhaltige Getränke optimal, um die Glykogenspeicher schnell wieder aufzufüllen.
Ob Zucker wirklich die Regeneration fördert, ist allerdings umstritten. Laut der Ernährungsexpertin Dr. Friederike Feil kann Zucker den Erholungsprozess verlangsamen. Der Zucker könne dazu führen, die Stickstoff-Aktivität im Körper zu reduzieren, was eine verminderte Durchblutung und damit einen schlechteren Transport von Nährstoffen in die Muskulatur zur Folge habe.
Generell ist es sinnvoll, den Zuckerkonsum im Alltag einzuschränken und mithilfe hochwertiger, langsam verdaulicher Kohlenhydrate die Energiespeicher zu füllen. Ein langfristiger übermäßiger Konsum von Zucker ist in mehrerlei Hinsicht schädlich. Neben einem erhöhten Risiko für Diabetes kann auch die Gefahr, an Demenz oder verschiedenen Krebsarten zu erkranken, steigen.