Mit Druck und Kälte
Regeneration für Radsportler: Kompressionsbekleidung und Kryotherapie
in Service
Das harte Rennen ist geschafft oder eine fordernde Trainingseinheit ist beendet. Die Akkus sind leer. Dafür schmerzen die Beine. Muskelkater kündigt sich an. Trotzdem stehen die nächsten Herausforderungen schon bevor: die nächste Ausfahrt, ein weiterer Renntag oder auch einfach nur eine anstrengende Arbeitswoche. Die entscheidende Frage lautet: Wie erholt sich der Körper von der vorangegangenen Belastung am besten? Eine optimale, das heißt möglichst schnelle und umfassende Regeneration ist ein entscheidender Leistungsfaktor.
Neben dem richtigen Trainingsaufbau und einer entsprechenden Ernährung gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um die Erholung „von außen“ positiv zu beeinflussen. Wir stellen zwei Varianten vor: Kompressionsbekleidung und Kryotherapie.
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Regeneration mit Kompressionsbekleidung: Druck machen
Der Einsatz von Kompressionsbekleidung während und nach der Belastung ist seit einigen Jahren in den unterschiedlichsten Sportarten auf dem Vormarsch. Produzierten anfangs nur einige wenige Hersteller vor allem Kompressionsstrümpfe, sind zwischenzeitlich zahlreiche Bekleidungsfirmen auf den Trend aufgesprungen. Das Angebot reicht von Socken, Strümpfen und Stulpen über Hosen, Shirts bis hin zu kompletten Rennanzügen.
Über den Laufsport und den Triathlon haben die enganliegenden Hilfsmittel, die viele lange als „Stützstrümpfe“ belächelten, mittlerweile auch im Radsport Einzug gehalten. Zumindest teilweise, denn die UCI verbietet in ihrem offiziellen Reglement den Wettkampf-Einsatz derartiger Accessoires.
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Funktionsweise von Kompressionsbekleidung
Die Idee hinter der Kompressionsbekleidung stammt aus dem Medizinbereich: Der eng sitzende Stoff soll den Transport von Blut und Lymphe unterstützen. Der Druck verringert den Gefäßdurchmesser der Venen. Dies soll zu einer Erhöhung der Fließgeschwindigkeit und damit zu einer schnelleren Rückführung von sauerstoffarmem Blut aus den äußeren Körperregionen zum Herzen sowie einem verbesserten Abtransport von Abfallstoffen führen.
Damit man diesen „Strömungseffekt“ auch wirklich erreicht, sollte man beim Kauf vor allem zwei Dinge beachten: Die Kompressionsstärke muss auf den Sportler sowie den Einsatzbereich abgestimmt sein. Und das Kleidungsstück muss perfekt, also eng, aber nicht zu eng, sitzen.
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Kompressionsbekleidung und ihre Wirkung
Da „die Leistung“ ebenso wie „die Regeneration“ äußerst komplexe Größen sind, die von zahlreichen Parametern beeinflusst werden, ist es schwierig, die positive Wirkung von Kompressionskleidung wissenschaftlich exakt nachzuweisen. Dennoch gibt es mittlerweile nicht nur eine ansehnliche Anzahl an Studien zu diesem Thema, sondern auch einige grundsätzliche Erkenntnisse, die den Einsatz nicht zuletzt im Radrennsport sinnvoll erscheinen lassen.
Bei der Frage, wie sich diese Art von Kleidung unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit in Training und Wettkampf auswirkt, kommt die Forschung allerdings zu widersprüchlichen Ergebnissen: Während einige Wissenschaftler keine Verbesserungen diagnostizieren, identifizieren vor allem Studien, die mit sehr gut trainierten Probanden arbeiten, durchaus positive Effekte. So kann sich durch den moderaten Druck des Funktionsstoffes etwa die Körperwahrnehmung verbessern.
Insbesondere für den Radsport gibt es mittlerweile zudem Untersuchungen, die belegen, dass das Tragen von Kompressionsbekleidung eine leichte Verbesserung der Leistungsfähigkeit und ein kurzzeitiges Verzögern der Muskelerschöpfung ermöglicht. Jedoch ist klar: Wer sich von dieser Kleidung eine definitive signifikante Leistungssteigerung erwartet, wird enttäuscht.
Kompressionsbekleidung zur Unterstützung der Regeneration
Kompressionsbekleidung ist – und da ist sich die Masse der Forscher einig – vor allem zur Unterstützung der Regeneration sinnvoll. Eine deutsche Meta-Studie hat gezeigt, dass das Auftreten von Muskelschmerzen sowie Entzündungen nach der Belastung ebenso wie die Gefahr von Schwellungen verringert und der Laktatabbau in der Erholungsphase beschleunigt werden kann.
Wird Kompressionskleidung bereits während der Belastung getragen, sei eine positive Wirkung, etwa in Form einer geringeren Laktatkonzentration im Blut, bereits unmittelbar nach der Belastung nachweisbar. Andere Studien zeigten, dass diese Effekte bis zu mehrere Tage anhalten können.
Vorsicht vor zu hoher Körpertemperatur
Bei hohen Temperaturen und intensiver Anstrengung gilt: Wer sich zu großflächig in Kompressionskleidung zwängt, kann Gefahr laufen, dass die Körpertemperatur zu stark ansteigt. Dies wiederum wirkt sich leistungsmindernd aus.
Cool Down – Regeneration durch Kryotherapie
Die Kryotherapie ist eine weitere Methode, von der sich Sportler eine schnellere und bessere Regeneration erhoffen. Dabei geht es um den gezielten Einsatz von Kälte: Von Tauch- oder Sitzbädern für die Extremitäten oder den ganzen Körper über Kühlwesten reicht die Bandbreite bis hin zum Einsatz von Kältekammern. Für die meisten Anwender wird jedoch ein kaltes Bad die praktikabelste Form der Kälteregeneration sein.
Kryotherapie: Funktionsweise
Kälte wird seit jeher zur Behandlung akuter Verletzungen angewandt. Ein wichtiger Effekt, den sich Sportler im Bereich der Regeneration neben der Schmerzlinderung zu Nutze machen, ähnelt der Funktion von Kompressionskleidung.
Statt durch externen Druck sorgt bei der Kryotherapie die Kälte (zusammen mit der anschließenden Erwärmung) für eine stärkere Durchblutung der Muskeln. Durch die Temperaturreduktion verengen sich die Blutgefäße, was letztlich in einem verbesserten beziehungsweise verschnellerten Blutaustausch resultiert.
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Effekt von Kryotherapie zur Regeneration
Zahlreiche Studien haben unabhängig voneinander gezeigt, dass zum Beispiel durch ein Bad in kaltem Wasser nach einer belastenden Trainingseinheit in der Erholungsphase das Gefühl der Erschöpfung abgeschwächt wird und weniger Muskelschmerzen auftreten. Auch kleinere Entzündungen oder Mikroschäden in der Muskulatur profitieren von dem Kühleffekt, Schwellungen werden minimiert.
Durch den erhöhten Blutaustausch kann der Körper zudem Abfallprodukte schneller aus den Muskeln befördern. Darüber hinaus trägt Kälte zur Stärkung des Immunsystems bei. Insgesamt wird der – physische, aber auch der psychische – Stress durch die Belastung reduziert und so die Regeneration begünstigt.
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Einsatz von Kryotherapie: Umfang, Intensität und Dauer
Hinsichtlich des Umfangs und der Intensität der Kälteanwendung gibt es bislang nur vage Empfehlungen. Das Eiswasserbad im Anschluss an eine Trainings- oder Wettkampfeinheit sollte in der Regel zwischen zehn und 15 Minuten dauern. Die richtige Temperatur liegt dabei zwischen zehn und 15 Grad Celsius.
Wesentlich niedrigere Temperaturen führen laut Studien nicht zu signifikanten Verbesserungen – eine Ausnahme sind hier Kältekammern, in denen Patienten für wenige Minuten bei teilweise bis zu -150 Grad Celsius behandelt werden. Zudem ist für die Erholung ein Ganzkörperbad tendenziell am effektivsten.
Kryotherapie wirksam bei Ausdauer und Schnelligkeit, Vorsicht vor Erfrieren
Die Kryotherapie beeinflusst die im Radrennsport primär relevanten motorischen Grundfertigkeiten unterschiedlich stark: Während sich laut vieler Studien bei der Kraft nahezu keine signifikanten Effekte nachweisen lassen, führt der Einsatz von Kälte zur Regeneration im Ausdauerbereich zu etwas besseren Ergebnissen. Die größte Wirkung attestiert die Forschung jedoch im Bereich der Schnelligkeit.
Darüber hinaus gibt es einige Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit des Trainings unter der Kälteregeneration leiden kann. Dies sollte dementsprechend bei den sportlichen Planungen berücksichtigt werden. Zudem besteht die Gefahr von Erfrierungen.