Wintertraining für Radsportler: Alternativ, Los!
Alternativtraining zum Radsport im Winter: Laufen, Bouldern, Skitouren
in Training
Laufen als Alternativtraining: Ungewohnte Belastung
Laufen und rund Treten, das verträgt sich nicht. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Nicht wenige Radsportler klagen nach den ersten Laufeinheiten als Alternativtraining im Herbst und Winter über Schmerzen – an Gelenken, Sehnen, Muskeln. Ihre Körper sind die Stoßbewegungen und Aufprallenergien, die bei jedem Schritt wirken, nicht gewohnt.
Jene Kräfte aber sind es, die – in vielen Studien nachgewiesen – dafür sorgen, dass sich der Körper an sie anpasst. Er lagert Kalzium in die Knochen ein und schützt diese besser gegen Osteoporose.
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Laufen: Dauer, Intensität, Untergrund
Generell gilt: Lassen Sie es ruhig angehen. Gewöhnen Sie Ihren Körper langsam an die neue Belastung. Statt Training auf unebenem Untergrund bietet sich zunächst auch eine Walking-Einheit auf dem Laufband an. Dauer, Intensität und Streckenprofil lassen sich dort einfach regulieren.
Stellt man auf dem Laufband einen entsprechenden Neigungswinkel von zum Beispiel mindestens zehn Prozent ein, wird auch beim flotten Gehen das Herz-Kreislauf-System im Grundlagenausdauerbereich trainiert. Einerseits ist die Belastung für die Oberschenkelmuskulatur geringer als beim Laufen, andererseits trainiert man beim simulierten Gehen bergauf ähnliche Muskelgruppen (Quadrizeps) wie draußen auf dem Rad.
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Mehr Kalorien, höhere Intensität: Laufen hat Vorteile
Ein weiterer Vorteil des Lauftrainings: Es ist intensiver als Radfahren, mehr Muskelgruppen werden beansprucht und – für die meisten von hoher Bedeutung – man verbrennt in weniger Zeit mehr Kalorien.
Ein 70 Kilogramm schwerer Athlet verbraucht bei einer mittelschnellen Dauerlaufbelastung über 60 Minuten rund 700 Kalorien. In einer Stunde auf dem Rad würde man bei gleicher Belastung nur rund 600 Kalorien verbrennen.
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Laufen: Im Winter tun es immer mehr Radprofis
Hinzu kommt: Eine Stunde laufen kann man überall. Ob zuhause, auf Geschäftsreisen oder in der Mittagspause: Ein kleiner Lauf in der Natur schärft die Sinne. Selbst bei extremen Wintertemperaturen ist Laufen möglich.
Das ist auch der Grund, weshalb immer mehr Profiradsportler im Winter ihr Rad- mit Lauftraining ergänzen. André Greipel, Emanuel Buchmann und Christian Knees schnürten in den letzten Jahren regelmäßig die Laufschuhe. Die deutschen Topprofis liefen in einer Trainingseinheit bis zu 20 Kilometer.
Für Hobbysportler empfiehlt sich: Laufen sie lieber mehrmals pro Woche eine kleine Runde als einmal eine große Runde jenseits von 15 Kilometern. Sofern Sie dabei auf unterschiedlichen Untergründen unterwegs sind, schulen Sie Gleichgewicht, stabilisieren Ihre Fußgelenke und bringen gleichzeitig etwas Abwechslung ins Training.
Die richtigen Schuhe fürs Laufen
Die Auswahl der richtigen Laufschuhe ist mindestens so wichtig wie die des richtigen Rennrads. Es gibt Schuhe für Menschen, die während des Laufens nach innen kippen (Überpronierer) und Schuhe für Sportler, deren Füße beim Laufen nach außen wegkippen (Supinierer).
Ebenso spielt die Polsterung und Dämpfung eine entscheidende Rolle. Wie beim Radfahren gibt es auch bei den Laufschuhen Komfort- und Race-Modelle. Lassen Sie sich im Sportfachgeschäft entsprechend beraten. Es empfiehlt sich eine Fuß- und Laufanalyse.
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Auswirkungen auf Muskulatur und Leistung
Viele Radsportler klagen über Rückenbeschwerden, da sie viel Zeit ins Training ihrer unteren Körperhälfte investieren. Lauf-, aber vor allem Stabilisationstraining kann dem vorbeugen. Für einen ökonomischen Laufstil braucht es einen starken Rumpf. Dieser wiederum hilft Ihnen, auch im Sommer mehr Leistung auf dem Rennrad zu erbringen.
Eine Studie aus Norwegen hat die Auswirkungen von hochintensiven Lauf-Intervallen auf die Radleistung untersucht. Ein in der Studie namentlich nicht genannter Radprofi hat demnach im Winter seine Trainingszeit auf dem Rad um 60 Prozent reduziert und stattdessen mehr Zeit ins Lauftraining investiert. Das überraschende Ergebnis: eine signifikant verbesserte Sauerstoffaufnahme und eine deutliche Verbesserung seiner Zeitfahrleistung.
Alternativtraining im Winter in der Halle: Bouldern
Hallenluft statt Bergpanorama. Nicht draußen, sondern drinnen. Klettern wird immer beliebter. Besonders das Bouldern, also das Klettern in Absprunghöhe, lockt viele Sportler im Winter in die Kletterhallen. Dabei klettert man ohne Gurt und Seil, an künstlichen Felsblöcken, zwischen maximal drei und fünf Metern über dem Boden. Wer stürzt, der fällt verhältnismäßig weich auf eine Matte.
Klettern und Bouldern unterscheiden sich vor allem darin, dass ein Boulder im Vergleich zur Kletterroute kompakter ist. Kurz gesagt: Beim Bouldern braucht man mehr Kraft, beim Klettern mehr Ausdauer.
Sich festhalten, nach oben ziehen, Herausforderungen bestehen und viel Spaß haben: Bouldern verdichtet die faszinierenden Aspekte des Kletterns. Ein klassischer Boulder besteht aus nur vier bis acht Zügen, die den Sportler im Idealfall an seine Grenzen bringen sollen. Die volle Konzentration auf den nächsten Zug trägt dazu bei, dass man beim Bouldern alles andere um sich herum ausblenden kann und ganz bei sich und dem Moment ist.
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Vorteile beim Bouldern: Koordination, Beweglichkeit und Stärkung der Muskulatur
Gerade für Radsportler macht Bouldern im Winter noch aus einem anderen Grund Sinn: Es fördert die Koordination, die Beweglichkeit und stärkt die beim Radfahren oft vernachlässigte Körpermitte. Mit verhältnismäßig geringem Zeitaufwand und auch ohne Kletterpartner kann man sich schnell und effektiv auspowern, um ein neues Kraftniveau zu erreichen.
Da das Klettern quasi in Bodennähe stattfindet, findet man auch als Einzelkämpfer schnell Gesprächspartner und Boulderer, mit denen man sich austauschen kann. Dieses Gruppenerlebnis beflügelt und setzt ähnlich wie beim Rennradfahren in der Gruppe manchmal ungeahnte Kräfte frei.
Ausrüstung zum Bouldern: Schuhe an, los geht’s!
Noch ein Vorteil: Die Voraussetzungen zum Bouldern sind gering. Ein paar Kletterschuhe, die auch vor Ort in einem der DAV-Kletterzentren ausgeliehen werden können und schon kann es quasi losgehen. Da der Umgang mit Seil und Sicherungstechniken wegfällt, können auch Einsteiger direkt mit dem Bouldern beginnen.
Der Kalorienverbrauch für einen 70 Kilogramm leichten und 1,75 Meter großen Sportler liegt beim Bouldern in mittlerer Intensität über eine Stunde hinweg bei rund 400 Kalorien. Der Verbrauch ist nur etwas geringer als beim Radfahren im Grundlagenbereich.
Drei Tipps fürs Kletter- und Bouldererlebnis
- Aufwärmen: Bringen Sie Ihren Körper zunächst etwas in Schwung, bevor Sie sich an die Kletterwand begeben. Ein Warm-Up ist ein Muss. Einfache Übungen wie Seilspringen, Hampelmann oder Laufen eignen sich dazu hervorragend und regen die Durchblutung der Finger an. Mobilisieren Sie danach kurz Arme, Beine und Rücken und ihrem Erlebnis an der Boulder- oder Kletterwand steht nichts im Wege.
- Bewegung planen: „Einfach drauf los“ ist in der Kletterhalle die falsche Herangehensweise. Lesen Sie Ihre Route, imaginieren Sie Ihre Bewegungsabläufe bevor Sie an die Wand gehen. Das Ansehen und Planen eines Boulders in Gedanken helfen, eine Wand schnell und effizient zu klettern.
- Variieren mit Wandstrukturen: Als „Spielen an halbhohen Felsen“ wurde das Bouldern früher abgetan. Doch das ist falsch. Man kann Verrücktes ausprobieren, zum Beispiel Boulder A mit und ohne Tritte versuchen. Oder nur mit zwei Fingern? Oder mit geschlossenen Augen? Im schlimmsten Fall landet man weich auf der dicken Matte. In jedem Fall schult das Variieren mit den Wandstrukturen das Bewegungs- und Körpergefühl. Es schafft Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit.
Skitouren – Alternativtraining im Schnee
Immer mehr erfolgreiche Radsportler aus dem Alpenraum tun es im Winter: Sie tauschen das Rad mit den breiten Brettern, die für manche die Welt bedeuten. Sie gehen Skitouren statt Radfahren.
Nadja Prieling zum Beispiel, die österreichische Radmarathonfahrerin, verbringt im Winter den Großteil ihrer Vorbereitung auf Tourenskiern (siehe Portrait in RennRad 5/2017). Das ergibt Sinn. Beim Skitourengehen verrichtet die Beinmuskulatur die Hauptarbeit. Aber auch Rumpfmuskulatur und Arme werden beansprucht. Gerade die Arme helfen in besonders steilem Gelände kräftig mit. Der Rumpf überträgt die eingesetzte Kraft der Arme auf den Unterkörper.
Skitourengehen ist demnach ähnlich dem Langlaufen eine Ganzkörpersportart, bei der alle Muskelgruppen trainiert werden. Bergauf lässt sich die Ausdauerbelastung entsprechend wie im Radsport im Grundlagen- oder Entwicklungsbereich dosieren. Selbst Intervalle sind auf Tourenskiern möglich.
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Wintertraining: Ort zum Skitouren gut überdenken
Unberührter Tiefschnee und tiefblauer Himmel. Davon träumen Tourengeher. Die Realität schaut leider oft anders aus: zerpflügtes Gelände, harschiger Alt- oder sulziger Frühjahrsschnee. Als Einsteiger wird man bei diesen Bedingungen nicht glücklich. Es empfiehlt sich daher, die ersten Touren auf präparierten Pisten statt in unwegsamem Gelände zu gehen.
Mittlerweile gibt es viele Skigebiete, die eine oder mehrere Aufstiegsspuren aufweisen, damit sich Alpinfahrer und Tourengeher nicht in die Quere kommen. Dabei gilt die Regel: Skitourengeher, die direkt am Pistenrand aufsteigen, müssen unbedingt hintereinandergehen und Rücksicht auf den Skibetrieb nehmen.
Skitouren-Ausrüstung wie beim Radsport: Preis und Material
Eine komplette Skitouren-Ausrüstung ist verhältnismäßig teuer. Es lohnt sich daher, zunächst sein Material in Sportfachgeschäften vor Ort auszuleihen und auszuprobieren, bevor man richtig loslegt.
Wie im Radsport gibt es auch im Skitourenbereich gravierende Materialunterschiede. Taugt einem ein breiter, abfahrtsorientierter oder doch eher ein leichter aufstiegsorientierter Tourenskier? Gleiches gilt bei den Schuhen: härter und fester für mehr Halt in den Abfahrten oder doch eher leicht und weich für schnelle Bergaufpassagen.
Helm und Ausrüstung für Notfälle Pflicht
Auch bei den Fellen, die als Aufstiegshilfe über den Skibelag geklebt werden, gibt es viele Varianten. Das Material dafür kann aus Naturhaar, Synthetik oder Mischqualität bestehen. Dazu ist ein Helm mittlerweile nicht nur beim Radfahren selbstverständlich, sondern auch auf Skitouren.
Für eine entsprechende Komplettausrüstung kommen demnach oft mehr als 1000 Euro zusammen. Die Notfallausrüstung ist hier noch nicht dazugezählt. Gerade wer außerhalb von markierten Pisten Skitouren geht, für den sind Lawinenverschüttungssuchgerät (kurz: LVS-Gerät), eine Sonde und Schaufel Pflicht. Es reicht nicht diese Dinge bei sich zu tragen, man muss auch damit umgehen können.