Egan Bernal
Egan Bernal im Porträt: Mehr als der Helfer von Chris Froome

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Egan Bernal im Porträt: Mehr als der Helfer von Chris Froome

Egan Bernal ist erst 21 Jahre alt – und bergauf schon kaum zu schlagen. Er könnte ein Jahrhundert-Talent sein. Geht seine Entwicklung so weiter, wird er eines Tages die Tour de France gewinnen. Mehr als einmal.
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Egan Bernal begann die Saison 2018 als Neuling, als Helfer, als Versprechen für die Zukunft – und wurde innerhalb weniger Monate zum Star. Zum Siegfahrer. Zu einem Neuprofi, der schon jetzt bei fast allen Bergetappen zu den Favoriten zählt.

2017 bestritt Egan Bernal vorrangig noch die Rennen der U23-Kategorie. Und er gewann – bei den wichtigsten Rundfahrten – fast alles. Jeder Fahrer, der die berühmte Tour de l’Avenir gewinnt, gilt als außergewöhnliches Talent und hat keine Probleme, anschließend einen Profivertrag zu bekommen. Das war auch bei Bernal nicht anders. Der Kolumbianer unterschrieb im September 2017 einen Drei-Jahresvertrag beim britischen Team Sky. „Das ist das Team meiner Träume. Ich freue mich, in den nächsten zwei, drei Jahren hier eine Menge zu lernen“, erklärte der heute 21-Jährige bei der Vertragsunterzeichnung. „Ich denke, ich kann von der Erfahrung meiner älteren Team-Kollegen sehr profitieren. Sie werden mir auch zeigen, wie ich meine Zeitfahrqualitäten noch verbessern kann.“

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Egan Bernal: „Mein Englisch war anfangs nicht so gut“

Dass er sich in seinem neuen Team mit seinen kolumbianischen Kollegen Sebastian und Sergio Henao in seiner Muttersprache Spanisch verständigen kann, machte ihm den Einstieg leichter. „Mein Englisch war anfangs nicht so gut“, gesteht er. Dafür war sein Einstieg in seine erste WorldTour-Saison umso besser: Platz sechs bei der Tour Down Under und der Sieg bei der kolumbianischen Zeitfahr-Meisterschaft. Danach ging es nicht so weiter – sondern wurde noch besser. Bei seinem Heimrennen, der Rundfahrt „Vuelta Oro y Paz“ in Kolumbien. Egan Bernal gewann drei Wertungstrikots – das für den besten jungen Fahrer, das für den besten Bergfahrer und die Gesamtwertung. Vor Rigoberto Uran und Nairo Quintana, zwei der besten Rundfahrer der Welt, zwei der Favoriten für die Tour de France. Bei der Katalonien-Rundfahrt lag er auf Platz zwei im Gesamtklassement, bevor er auf der Schlussetappe stürzte, sich das Schlüsselbein brach und aufgeben musste. Bei seinem Comeback bei der Tour de Romandie gewann er das Bergzeitfahren und wurde Gesamtzweiter.

Egan Bernal trat 2018, in seiner ersten Saison in der WorldTour, bis Juni bei fünf Rundfahrten an. Bei einer schied er verletzt aus, zwei gewann er, seine „schlechteste“ Gesamtplatzierung: Rang sechs. Was für ein Debüt. Was für ein Versprechen. Geboren in Bogota entwickelte Egan Bernal, vor allem dank seines Vaters, schon früh eine Leidenschaft für den Radsport. 2011 begann er Radrennen zu fahren. Zunächst war er auf dem Mountainbike erfolgreich: 2014 gewann er Silber und 2015 Bronze bei den Cross-Coun-try-Weltmeisterschaften der Junioren, bevor er sich endgültig für die Straße entschied. 2016 entdeckte ihn Gianni Savio und holte ihn nach Europa, in sein italienisches Team Androni. Bald darauf begann Bernals Dominanz bei den U23-Rundfahrten. Endgültig in die Riege der Spitzenrundfahrer der ersten Liga des Radsports katapultierte er sich im Mai, bei der Amgen Tour of California. Auf der zweiten Etappe jagte er Top-Favoriten wie Rafał Majka (Bora-Hansgrohe) und Adam Yates (Mitchelton-Scott) im schweren Finale Sekunden ab und feierte den Etappensieg.

Egan Bernals VO2-Max: Traumwerte & Talent

Vier Tage später, auf dem sechsten Teilstück von Folsom nach South Lake Tahoe über fast 200 Kilometern war er im Ziel fast eineinhalb Minuten schneller als der Zweitplatzierte Adam Yates – und sicherte sich damit auch den Gesamtsieg. Kurz danach entschied sich die Teamleitung von Sky, ihn für die Tour de France zu nominieren. „Die Entscheidung fiel nach der Kalifor-nien-Rundfahrt“, verriet sein Berater Giuseppe Acquadro. „Bei der Vuelta würde er mehr unter Druck stehen, weil man ihm dort bereits die Leaderrolle zutrauen würde. Bei der Tour aber fährt er im Schatten von Chris Froome. Das nimmt ihm den Druck, er wird schauen und lernen können. Und das ist für seine weitere Entwicklung wichtig.“

Dass er eines Tages in die Rolle von Chris Froome schlüpfen kann, davon ist nicht nur Acquadro fest überzeugt. Dass er eines Tages die Tour de France gewinnen wird – ein, zwei, drei, vier, fünf Mal – dafür spricht viel. Seine Ergebnisse, sein kometenhafter Aufstieg, seine Nervenstärke, seine Regenerationsfähigkeit. Sein Gewicht: 60 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,75 Metern.

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Egan Bernal: Zahlen

Und eine weitere Zahl: 91. Dies, so verriet Egan Bernal in einem Interview mit ‚ride‘, sei sein „VO2-Max-Wert“, die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit seines Organismus während der Belastung, ausgedrückt in Millilitern pro Minute in Relation zum Körpergewicht in Kilogramm. 91 – diese Zahl ist eine Bombe. Miguel Indurain, der fünfmalige Tour-de-France-Sieger soll hier einen Wert von 88 erreicht haben. Chris Froome, Bernals heutiger Kapitän, soll bei Tests 84,6 aufgewiesen haben. „Es ist doch nur eine Zahl“, sagt Bernal. „Wenn ich ein Rennen fahre, leide ich wie die anderen. Zu glauben, die VO2-Max wäre alles im Radsport, wäre verrückt. Aber es ist eine gute Nummer.“

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