Rennmaschine: Das neue ultraleichte Scott Addict
Projekt 5,9: das neue Scott Addict
in Test & Technik
Das neue Scott Addict ist nicht nur eine Weiterentwicklung. Es ist ein von Grund auf anderes Rad als sein Vorgänger. „Wir wollten eine neue Benchmark innerhalb des Marktes setzen“, sagt Maximilian Koenen, der mitverantwortliche Ingenieur. „Schon das erste Addict, das 2008 auf den Markt kam, war eine Revolution im Rahmenbau.“ Der damalige Rahmen wog rund 790 Gramm, das Komplettrad mit Felgenbremsen und einem Vollcarbon-Sattel 5,9 Kilogramm.
Scott Addict: das leichteste Serien-Rennrad der Welt
Auch das neue Addict ist demnach wieder das leichteste Serien-Rennrad überhaupt. Intern lief die Entwicklung auch unter dem Namen „Projekt 5,9“. Dieses Gewicht sollte mit dem fertigen Serien-Modell nicht überschritten werden. Dieses Ziel wurde erreicht. Das mitgebrachte Top-Modell, das Addict Ultimate, wiegt in der Rahmengröße Medium und mit „Serien-Komponenten“ 5,84 Kilogramm. Im Vergleich zum Vorgängermodell wurde in etlichen Bereichen Gewicht eingespart.
Die größte prozentuale Einsparung betrifft den Computer-Mount. Dieser bringt nun nur noch 16 Gramm auf die „Waage“. Er wird aus Aluminium 3D-gedruckt – und ist nun 24 Gramm leichter als das Scott-Vorgängermodell. Bei der Carbon-Sattelstütze wurden zehn Gramm „gespart“. Ihr Gewicht: 85 Gramm. An der Stütze ist ein schnell und einfach, via Magnete, an- und abklipsbares Syncros-Akku-Rücklicht integriert. Dieses weist neben einer sehr langen Laufzeit etliche andere Funktionen auf. Allein der neuentwickelte Vorbau bringt nun 105 Gramm weniger auf die Waage als der alte. Sein Gewicht: 165 Gramm.
Scott Addict: Einsparungen & Effekte
Bei quasi jedem Bauteil wurden Gewichtseinsparungen erreicht – manche waren größer, andere kleiner. So wurden etwa die verbauten Vorbau-Spacer je 2,7 bis 5,3, das Vorbau-Cover rund vier und der Klemm-Expander um 8,4 Gramm leichter. Große Fortschritte wurden etwa bei der Gabel gemacht. Auch davon wurden zwei Varianten – XMX-SL und HMX – neuentwickelt. Das erstgenannte Top-Modell wiegt nun 270 Gramm. 54 weniger als zuvor.
Auch die etwas günstigere HMX-Variante bleibt mit 295 unter der 300-Gramm-Marke. Die Gewichtsersparnis in der Relation zum Vorgänger: 49 Gramm. Beim Rahmen der HMX-Variante kommen andere Carbon-Fasern und ein etwas anderes Layup zum Einsatz als bei den Ultimate-Top-Varianten. Der Gewichtunterschied bei den Rahmen beträgt 51 und beim Rahmen-Gabel-Set 100 Gramm.
An unserem Testmodell sind eine Shimano-Dura-Ace-Gruppe, Syncros-Carbon-Laufräder und Schwalbe-One-Reifen verbaut. Auch aufgrund dieser Ausstattungsunterschiede – gerade bei der rotierenden Masse der Räder – sind deutliche Handling- und Agilitätsunterschiede zwischen den HMX- und den Ultimate-Modellen spürbar. Im Testverlauf erwies sich das Handling des Addict als top-ausgewogen. Die Agilität ist extrem stark ausgeprägt und dennoch neigt das Rad nie zur Nervosität.
Scott Addict: Geometrie & Fahrverhalten
Auch für die Geometrie gilt: Dieser Kompromiss – in diesem Fall jenem aus Komfort und einer Race-Ausrichtung – ist absolut gelungen. Man sitzt kompakt-ausgewogen, nur wenig gestreckt und somit absolut langstreckentauglich auf dem Scott. Das Beschleunigungsverhalten ist durch das Leichtgewicht und die hohe Rahmensteifigkeit auf einem extrem hohen Niveau. Das Gewicht des Modells RC Pro mit einer elektronischen Dura-Ace-Top-Gruppe beträgt 6,5 Kilogramm.
Das Gewicht des günstigeren RC 10 mit einer Shimano-Ultegra-Gruppe: 7,4 Kilogramm. Doch das neue Addict ist kein reines Leichtgewichtsmodell. Es ist ein extrem leichtes Allround-Race-Rad. Dies zeigt sich an Faktoren wie dem recht hohen Dämpfungskomfort, dem unkomplizierten und direkten Handling und der noch einmal deutlich optimierten Aerodynamik: Im Vergleich zum Vorgängermodell, dem Addict RC, „spart“ das neue Rad nun bei 45 km/h zwölf Watt ein. Zur Relation: Im Vergleich zu dem Scott-Aero-Race-Modell Foil ist das neue deutlich leichtere Addict neun Watt „langsamer“.
Scott Addict: Aerodynamik & Komfort
Dementsprechend lauteten weitere wichtige Entwicklungsziele der Scott-Ingenieure zum Beginn der Entwicklung des neues Addict, neben dem Faktor Leichtgewicht auch: eine optimierte Aerodynamik, mehr Komfort, mehr Integration, eine größere Reifenfreiheit, eine kompakte Race-Geometrie, Steifigkeit.
In Abfahrten verleitet das neue Addict mit seinem Mix aus Agilität und Spurtreue zum Schnellfahren. In schnell aufeinanderfolgenden Kurven punktet es ebenso wie auf den Geraden. Eine weitere positive „Überraschung“ ist zudem auf etwas schlechteren Straßen festzustellen: Für ein Leichtgewichts-Race-Modell bietet das Addict einen ungewohnt hohen Fahrkomfort. Dafür sind unter anderem die am Testmodell verbauten 30 Millimeter breiten Schwalbe-One-Reifen mitverantwortlich.
Zudem ist der Sattel auf der mehr auf Komfort ausgerichteten Sattelstützen-Variante montiert. Diese sorgt für einen klar spürbaren „Flex“ und damit Dämpfungskomfort. Bei den Reifen können potenzielle Addict-Nutzer noch weiter „aufrüsten“: Der Rahmen und die Gabel lassen offiziell bis zu 34 Millimeter breite Modelle zu. Teils kann man sogar noch breiter werden. Auch die Front ist, wie bei manchen anderen reinen Race-Modellen, nicht „überhart“. Die gänzlich neuentwickelte Gabel und das Carbon-Cockpit sorgen in der Kombination für sowohl Steifigkeit als auch Komfort. Der Lenker weist einen leichten Flare und eine generell sehr sinnvolle Ergonomie auf. Auch der Syncros-Sattel überzeugte im Testverlauf hinsichtlich seines Fahrkomforts.
Scott Addict: Zielsetzung & Entwicklung
Von den ersten Ideen und Zielsetzungen bis zur Serienreife der neuen Addict-Modelle dauerte es rund vier Jahre. „Unser Ziel war, mit dem Rahmen auf ein Gewicht von weniger als 600 Gramm zu kommen“, sagt Max Koenen. „Weitere Ziele lauteten etwa: Aerodynamik, Komfort, Integration. Wir nutzten ein neues System, mit dem man auch virtuell schon das Gewicht des fertigen Rahmens valide erfassen konnte.“
Die Anpassungen und Neuentwicklungen der Ingenieure sind zahllos. So wurde etwa der wegen der großen Reifenfreiheit von bis zu 34 Millimetern sonst erhöhte Tretlagerbereich wieder etwas vertieft und die Kettenstreben auf 410 Millimeter gekürzt. Für die Herstellung der Gabel kam eine völlig neue Technologie zum Einsatz. „Als Endergebnis haben wir bei jedem einzelnen Teil Gewicht gespart.“
Eines von vielen Details, bei denen dies der Fall ist, ist die Sattelstützenklemmung. Hier wird nun kein Stahl mehr verwendet, sondern Aluminium in der Kombination mit einer Titanschraube. Um die Rohre auch hier möglichst dünn – und damit leicht – halten zu können, nutzen die Scott-Ingenieure einen Carbon-Einsatz, der einfach von oben in den Rahmen eingeschoben werden kann. Dieser sorgt für eine optimale Kraftverteilung und Stabilität an der Klemmstelle. Die Schraube, zum Einsatz kommen überall Torx-Köpfe, kann mit bis zu zwölf Newtonmetern angezogen werden.
Die neue Addict-Modellserie unterteilt sich in die Varianten Ultimate, RC Pro, RC 10, RC 20 und RC 30. Das Gewicht stand nicht nur bei den Top-Modellen im Vordergrund. So wiegt das günstigste Rad der Reihe, das RC 30 mit einer Shimano-105-Ausstattung, rund 7,7 Kilogramm.
Weitere Informationen zum neuen Scott Addict mit einem ausführlichen Praxistest in Girona finden Sie in der RennRad-Ausgabe 1-2/2025.
Scott Addict: Varianten, Preise & Gewichte
Addict RC Ultimate mit einer Sram-Red-AXS-Gruppe: 5,9 Kilogramm, 12.999 Euro
Addict RC Pro mit einer Shimano-Dura-Ace-Di2-Gruppe: 6,5 Kilogramm, 8699 Euro
Addict RC 10 mit einer Shimano-Ultegra-Di2-Gruppe: 7,1 Kilogramm, 6699 Euro
Addict RC 20 mit einer Shimano-Ultegra-Di2-Gruppe: 7,4 Kilogramm, 5999 Euro
Addict RC 30 mit einer Shimano-105-Di2-Gruppe: 7,7 Kilogramm, 4999 Euro
Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren:
Leichte Rennräder 2024 im Test: Race-Modelle ab 6,39 Kilogramm im Test
Scotts Aero-Race-Modell Foil RC Ultimate im Test