Leistungssport, Probleme, Risiken, Leitartikel
Leistungssport: Probleme und Risiken – Einblicke, Zahlen, Argumente

Spitzensport

Leistungssport: Probleme und Risiken – Einblicke, Zahlen, Argumente

Das System Leistungssport hat seine Probleme und Risiken – diese müssen allerdings ins Verhältnis gesetzt werden. Einblicke, Zahlen, Argumente.
TEILE DIESEN ARTIKEL

„Es ist das Letzte, was man seinen Kindern wünscht: dass sie sich verbissen durchs Leben quälen. Deshalb verbiete ich meinen Kindern Spitzensport.“ Dies schrieb der Journalist Hansruedi Kugler in einem Kommentar für die Luzerner Zeitung. Dies. Und: „Vom Radprofi Oscar Camenzind über die Triathletin Brigitte McMahon bis zum Sprinter Alex Wilson wurde imposant die Schattenseite dieser ehemaligen Medienlieblinge ausgeleuchtet. Nicht mal der Schwingsport, Symbol bodenständiger Swissness, ist vom gedopten Leistungswahn verschont. Was sage ich meinen eigenen sportverrückten Kindern? (…) Zieht man der Tochter fürsorglich Skihelm und Rückenpanzer an, nur damit sie sich dann beim Skirennen übermotiviert die Kreuzbänder reißt und das Knie verdreht? Kauft man der Tochter ein herziges Tanzröckchen, nur damit sie sich später mit Schmerzmitteln vollgepumpt zum Trainingsdrill schleppt? Alles in der Hoffnung, als junge Frauen würden sie dann mal zuoberst auf irgendeinem Podest stehen? Zynischer geht’s ja nicht. Körperliche und psychische Unversehrtheit sind ein Menschenrecht, und dieses muss man konkret einfordern.“

Der Autor spielt auf mehrere Skandale des Schweizer Sports an: Unter anderem auf den Dopingfall des Sprinters Alex Wilson, der den Schweizer Rekord im 100- und im 200-Meter-Lauf hält – und auf „die Magglingen-Protokolle“. Darin schildern ehemalige Spitzenturnerinnen, wie sie im dortigen Leistungszentrum des Schweizerischen Turnverbands gedemütigt wurden. Was sie dort erlebt haben: „Magglingen verändert dich“, gab die Rhythmische Gymnastin Lisa Rusconi zu Protokoll. „Ich hatte keine Gefühle mehr. Ich habe vom Kopf an abwärts nichts mehr gespürt. Ich musste wieder lernen, zu verstehen, dass ich Hunger habe. Oder dass ich aufhören muss, wenn etwas wehtut. Es kam vor, dass ich im Training ohnmächtig wurde. Wir durften selten etwas trinken während des Trainings. Abends kam ich mit weißen, ausgetrockneten Lippen zur Gastfamilie.“

Psychischer Druck, Depressionen, Angst und mehr

Eine andere Athletin, Marine Périchon, erinnert sich: „Im Trainingslager wusste ich nicht mehr, ob es Tag oder Nacht ist, solange behielt man uns in der Halle. Mit der Zeit verlor ich die Verbindung zu meinem Körper. Ich wurde ein Roboter, der keinen Schmerz empfand. Wir durften nichts essen, nichts trinken. Als ich vor Erschöpfung zusammenklappte, zeigte die Trainerin auf einen leeren Plastiksack: ‚Schau, Marine, das bist du. Du bist nichts.‘ Ich glaubte ihr. Ich war schon so kaputt, dass ich dachte: Ja, sie hat recht. Das bin ich. Ich bin ein Nichts. Dann riss sie den Sack in zwei Teile.“

Die Magglingen-Protokolle handeln von psychischem Druck, Depressionen, Angst, Ess- und posttraumatischen Belastungsstörungen.

Es ist ein Themenbereich, der oft im Dunkeln bleibt – eine Thematik, die aufgearbeitet werden muss. Kunstturnen und Rhythmische Gymnastik sind Sportarten, bei denen man in der Regel in einem sehr jungen Alter an seinem Leistungsmaximum ist. „Anders als in den meisten Sportarten sind die Athletinnen nicht dann am leistungsfähigsten, wenn sie erwachsen sind“, schreibt die Luzerner Zeitung. „Sie sind dann am beweglichsten, wenn ihr Körper dem eines Mädchens ähnelt. Überehrgeizige Trainer drängen Athletinnen zum Hungern, damit sich der Körper in der Pubertät nicht verändert.“ Auch im Schweizer Synchronschwimmen soll es ähnliche Vorfälle des Machtmiss-brauchs gegeben haben. Mehrere Schwimmerinnen brachten im Juni 2022 schwere Vorwürfe gegen Verantwortliche vor. „Ich habe das Gefühl, in dieser Welt bist du kein Mensch“, sagte etwa die 23-jährige Joelle Peschl, die inzwischen vom Leistungssport zurückgetreten ist. In dieser Welt herrschte demnach „ein Klima der Angst“. Diese Welt – das ist der Spitzensport. Eine potenzielle Gegenwelt zum Alltag. Mit teils eigenen anderen Werten, anderen sozialen Strukturen und anderen Prioritäten. Ich war einst ein Teil dieser Welt. Einen prägenden Teil meines Lebens lang: im Alter von 14 bis 21 Jahren.

Umfang und Intensität

Hansruedi Kuglers Sicht ist nachvollziehbar. Und doch ist sein Schluss, seinen Kindern das Leistungssport-Treiben pauschal zu verbieten – abgesehen von dem moralisch-ethischen Aspekt der Fremdbestimmung und des potenziellen damit einhergehenden psychologisch-sozialen Konflikts innerhalb einer Familie – nun ja: pauschal. Und somit eine quasi-populistische Vereinfachung und Verkürzung. Die intelligentere Antwort auf die Frage „sollen Kinder beziehungsweise Jugendliche, beziehungsweise die eigenen Kinder, Leistungssport treiben oder nicht“, würde lauten: Es kommt darauf an. Zum Beispiel auf die W-Fragen: wer, wann, was, wieviel? Ist es „zu viel“, wenn 13-Jährige drei Mal pro Woche 60 bis 90 Minuten zum Fußballtraining gehen und am Wochenende bei einem Spiel dabei sind? Ist es „zu viel“, wenn ein 15-Jähriger, zwei, drei oder vier Mal pro Woche nach der Schule auf sein Rad steigt und am Wochenende ein Rennen fährt? Wenn er das will? Wenn er Spaß daran hat?

Zu suggerieren, Leistungssport sei pauschal mit „Trainingdrill“, psychischem Missbrauch und einem Zugrunderichten des eigenen Körpers gleichzusetzen, ist populistisch, unseriös, falsch und unfair. Man „wirft“ kein Kind in die Welt des Spitzensports. In den Spitzensport entwickelt man sich. Man wächst hinein. In jedem Jahr, das man dabeibleibt, ein wenig mehr. Die Übergänge vom „normalen“ Vereins- in den Leistungssport sind fließend. Was soll man denn als Trainer einem Jugendlichen sagen, der etwas erreichen will, der Talent, Willen und Motivation hat, besser zu werden? „Hör auf. Zu viel Sport ist schlecht für dich?“ Genau danach klingt die Aussage des obengenannten Artikels.

Im Radsport etwa, indem man sein Leistungsmaximum, statistisch-wissenschaftlich gesehen, mit rund 28 Jahren erreicht, kann es „genügen“, erst mit 15, 16 oder 17 Jahren ernsthaft in den gezielten Trainings- und Wettkampfprozess einzusteigen. Man kann es dennoch in den Profi-Bereich schaffen. Wenn man das denn will. In den meisten Sportarten erreicht man erst mit beziehungsweise nach der Volljährigkeit die höchsten Leistungs- und Wettkampfebenen. Dann, wenn man weniger beeinflussbar ist und selbst seine Entscheidungen trifft. Dann, wenn man mündig ist. Zudem müsste man zunächst einmal definieren, wie man den Begriff „Spitzensport“ definiert: Ab wann? Ab mindestens vier Trainingseinheiten pro Woche? Ab der Zugehörigkeit zu einem Nationalkader?

Test Spezial 2023, Banner, Test, Kaufberatung

Hier können Sie das Test Spezial 2023 des RennRad-Magazins als E-Paper bestellen

Verletzungen und Risiko

„Wenn ich in der gestrigen Zeitung ein paar Seiten nach der Dopingübersicht von den Qualen der Synchronschwimmerinnen lese, sehe ich vor meinem geistigen Auge gleich auch, wie Rafael Nadal sich mit Schmerzmitteln vollpumpt, erinnere mich an die Berichte über die gedemütigten Turnerinnen in Magglingen und die geplagten Tänzerinnen an der Tanzakademie in Zürich. Und wie oft hat schon wieder unser aller Sunnyboy Roger Federer sein Knie operieren lassen müssen und will trotzdem nochmals und nochmals an Grand Slams mitspielen?“, schreibt der Schweizer Autor. Inzwischen hat Roger Federer seine Karriere beendet. Niemand zwang ihn dazu, weiterzumachen. Geld hatte er seit etlichen Jahren mehr als genug. Ihn trieb ein Feuer, ein Wille, eine Leidenschaft, ein Ehrgeiz, eine Lust, die Nicht-Sportler wohl kaum nachvollziehen können. Wie viele Kinder und Jugendliche hat er wohl im Laufe seiner Karriere dazu inspiriert, anzufangen Tennis zu spielen? Vielleicht tausende, vielleicht zehntausende.

Natürlich gibt es den Doping- wie auch den psychischen und den physischen Missbrauch im System Spitzensport. Vielleicht sogar häufiger als, zum Beispiel, in Theater-, Mal- oder Bastel-Kursen. Oder im Briefmarkensammel- oder im Computerspiel-Bereich. Oder mit welchen anderen Gesellschaftsbereichen auch immer, in denen Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen können, man den Leistungssport vergleichen will. Natürlich müssen die Fälle und Phänomene aufgearbeitet, debattiert und möglichst zukünftig verhindert werden.

Gesundheitliche, soziale und physische Extremfälle

Doch: Gesundheitliche, soziale und physische Extremfälle, wie sie der Autor aufreiht, sind, vor allem eines: selten. Zu den in dem Text auszumachenden „kognitiven Fallen“ zählen unter anderem das sogenannte Induktionsproblem: Die Neigung, aus unzureichenden Informationen allgemeine Regeln abzuleiten. Und: die Verfügbarkeitsheuristik. Dieser Begriff beschreibt die Neigung, Entscheidungen auf der Grundlage von Informationen zu treffen, auf die das Gedächtnis einfach zugreifen kann, statt auf der Grundlage von Daten, die eigentlich benötigt werden. Wie ist nun die Quote beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit, als Jugendlicher im Leistungssportsystem schwere körperliche oder psychische Beeinträchtigungen zu erleiden?

2016 wurden im Rahmen des Forschungsprojekts „Safe Sport“ Daten zur sexualisierten Gewalt im organisierten Sport vorgelegt. Das Ergebnis: Ein Drittel der befragten Sportler und Sportlerinnen hat schon einmal eine Form von sexualisierter Gewalt erfahren. Sportlerinnen sind signifikant häufiger betroffen als Sportler. Der Begriff „sexualisierte Gewalt“ wurde dabei jedoch als sehr weiter Oberbegriff für „verschiedene Formen der Machtausübung mit dem Mittel der Sexualität“ definiert. „Das können in der vermeintlich harmloseren Form sexistische Witze oder etwa WhatsApp-Nachrichten mit sexuellem Inhalt sein“, erläuterte die Studienleiterin. Die Quote von einem Drittel klingt sehr hoch – doch: Aufgrund des Studiendesigns ist die Aussagekraft eher gering. Und vor allem: Die Ergebnisse der Athleten unterscheiden sich nicht von denen der Allgemeinbevölkerung.

Negative Seiten im System Leistungssport

In der jüngsten Fallstudie der „Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“ wurden 72 Zeitzeugenprotokolle zum Sportbereich aufgenommen und ausgewertet. Das Ergebnis: Missbrauchshandlungen kamen eher im Leistungs- als im Freizeit- und Schulsport vor. Klar ist: Im Sportsystem existieren negative Seiten und Entwicklungen. Natürlich gibt es ein Doping-Problem – im Leistungs- wie im Fitnessstudio-Freizeit-Sport. Wie es auch unter Profimusikern ein Beta-Blocker-Problem gibt. Die Zahlen dazu finden Sie im Leitartikel der RennRad-Ausgabe 4/2021.

Natürlich birgt auch das Sport-Treiben an sich Risiken. Zum Beispiel: Das Risiko, sich dabei zu verletzen. Dies gilt auch für den Freizeit-, Hobby- und Amateursport. In der EU werden pro Jahr rund 6,1 Millionen Verletzungen ohne Todesfolge, die in einem Krankenhaus behandelt wurden, auf eine sportliche Betätigung zurückgeführt. 15 Prozent aller behandelten Verletzungen ereignen sich im beziehungsweise beim Sport – wobei hier statistisch nicht zwischen Hobby- beziehungsweise Freizeit- und Leistungssport unterschieden wird. Dies entspricht einer Inzidenz von rund 1200 Verletzungen pro 100.000 Personen pro Jahr. Fast die Hälfte dieser Unfälle betreffen Ballsportarten – und allein 70 Prozent von diesen ereignen sich beim Fußball.

Was ist die Konsequenz daraus? Manche würden nun wohl fordern, das Fußballspielen zu verbieten. Vielleicht könnte dies ja der Überlastung der Krankenhäuser entgegenwirken. Sarkasmus Ende. Die Verletzungsinzidenz des oberen Sprunggelenks variiert, je nach der Sportart, zwischen 0,06, beim Kunstturnen, und fünf, beim Fußball, Verletzungen pro 1000 Stunden Expositionszeit. Bei Leistungssportlern können sich Überlastungsschäden in Form von Arthrosen auswirken.

Für Athleten in Kraft- und Sportarten mit schnellen Richtungswechseln steigt etwa das Risiko für Arthrosen im Knie- und Hüftgelenk. Bei Fußballern zeigte sich in Studien ein erhöhtes Arthrose-Risiko bei Elite- im Vergleich zu Nichtelitesportlern.

Essstörungen und Herztodesfälle

Athleten sind zudem, statistisch gesehen und je nach der Sportart, stärker als Nichtsportler gefährdet, an Essstörungen wie etwa Anorexia Nervosa zu erkranken.

Weltweit sind schätzungsweise sechs bis 17 Prozent der plötzlichen Herztodesfälle auf intensive sportliche Belastungen zurückzuführen. Jedoch lautet der Stand der Wissenschaft dazu: Die Prävalenz des plötzlichen Herztodes ist bei körperlich inaktiven Personen am höchsten. Und: Rund 70 Prozent der Fälle sind auf kardiale Vorerkrankungen zurückzuführen. Selbst frühere Radprofis – ergo jene Menschen, die wohl den härtesten Job der Spitzensport-Welt haben – leben statistisch gesehen sechs Jahre länger als vergleichbare „Normalmenschen“ beziehungsweise Nicht- oder Hobbysportler. Die Gesamtsterberate der Profi-Athleten ist im Vergleich um 41 Prozent niedriger.

Seltener sind vor allem Todesfälle, die auf Krebserkrankungen und kardiovaskuläre Ursachen zurückzuführen sind. Dies zeigte eine Studie von Dr. Xavier Jouven et al. von der L’Université Paris Descartes, in der die Lebensdaten ehemaliger Radprofis, die zwischen 1947 und 2012 an der Tour de France teilnahmen, in Relation zur vergleichbaren „Normalbevölkerung“ gesetzt wurden.

Natürlich gibt es im gesellschaftlichen Teilsystem Spitzensport Probleme. Probleme, die es viel stärker gesellschaftlich zu debattieren – und anzugehen und zu beheben – gilt. Doch dieses, oder irgendein anderes, System pauschal abzuurteilen und Menschen per Zwang daraus auszuschließen, ist sicher keine Lösung.

RennRad, Gravel Spezial 2023, Gravel, Sonderausgabe, Banner

Das Gravel Spezial 2023 des RennRad-Magazins können Sie hier als E-Paper bestellen

Bewegung und Gesundheit

Eine solch plumpe Pauschalisierung ist „ein Schlag ins Gesicht“ für hunderttausende Trainer, Helfer, Betreuer, Ehrenamtliche in den Vereinen und Sportstrukturen. Jede Gesellschaft – und jeder Vater, jede Mutter – sollte froh sein, wenn Kinder und Jugendliche Sport treiben wollen. Auch, wenn sie dies nach und nach, im Laufe der Jahre, ambitioniert tun wollen. „Den Leistungssport“ gibt es genauso wenig wie „die Russen“, „die Franzosen“, die „SUV-Fahrer“ oder „die Radfahrer“. Es gibt gute und schlechte Menschen. Überall. In jedem Land, in jedem Bereich, in jeder Gruppe. „Den Leistungssport“ generell mit Drill, Ausbeutung und Machtmissbrauch gleichzusetzen, ist intellektuell ungefähr auf derselben Ebene wie zu behaupten, dass „die Radfahrer“ alle Verkehrsrowdies sind.

Diese Gesellschaft braucht den Sport, die Bewegung und die Vorbilder, die dort generiert werden. Dazu braucht der Sport: einen höheren Stellenwert, mehr Geld, mehr Trainer, mehr Struktur. Aber auch: mehr gesellschaftliche Kontrolle.

Einen großen Leitartikel mit Studien und Zahlen zum seit Jahren abnehmenden Stellenwert des Sports in Deutschland finden Sie in der RennRad-Ausgabe 10/2021. 80 Prozent, ergo vier von fünf Kindern und Jugendlichen in Deutschland, bewegen sich weniger als eine Stunde pro Tag. Zu diesem Ergebnis kamen die Autoren des vierten Deutschen Kinder- und Jugendsportberichts 2020. Der durchschnittliche Tag eines Kindes besteht nach Daten der LOGIK-Studie inzwischen aus: neun Stunden Liegen, neun Stunden Sitzen, fünf Stunden Stehen, einer Stunde Bewegung – davon zwischen 15 und 20 Minuten intensiv.

Die Zeit des unbeaufsichtigten Spielens, des Bewegens, ging innerhalb weniger als einer Generation um weit mehr als 50 Prozent zurück. Pro Tag verbringen Zehn- bis 17-Jährige hierzulande drei Stunden und 13 Minuten mit sozialen Medien – und weitere zwei Stunden und 16 Minuten mit Onlinespielen. Dies zeigte eine großangelegte Studie der DAK.

Sportliche Aktivität stärkt Gesundheitsressourcen

Im Rahmen der Motorik-Modul-Studie wurden rund 2300 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren befragt.

Die Ergebnisse: Schon eine geringe Steigerung der sportlichen Aktivität stärkt die Gesundheitsressourcen der Heranwachsenden. Ausdauer, Kraft und Koordination nehmen zu – ebenso wie das psychosoziale Wohlbefinden. Bei Jugendlichen, die öfter Sport treiben, wächst zusammen mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit auch das Selbstwertgefühl – und zwar völlig unabhängig von ihrem Sozialstatus. Emotionale Probleme und Beziehungsschwierigkeiten mit Gleichaltrigen sind umso öfter anzutreffen, je weniger die Jugendlichen sportlich aktiv sind. Sportliche Aktivitäten, beispielsweise in Vereinen, scheinen daher geeignet, das emotionale Wohlbefinden und die Kontaktfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu steigern, die von ihrem häuslichen Umfeld her benachteiligt sind.

Studien zeigen zudem, dass frühere Spitzenathleten, statistisch gesehen, später beruflich deutlich erfolgreicher sind als Nicht- oder Hobby-Sportler. Das System Sport vermittelt Werte, die einen in dieser Gesellschaft voranbringen. Werte, die wertgeschätzt werden sollten.

Menschen brauchen Ziele

Ohne Charaktereigenschaften wie Ausdauer, Leistungsbereitschaft, Konzentrationsfähigkeit, Selbstdisziplin, Teamfähigkeit wird man kein Spitzensportler. Die Sozialisation in den Sport und im Sport sollte, allein schon aus pragmatisch-gesellschaftlicher Sicht, noch viel stärker gefördert werden. Menschen brauchen Ziele.

Und Menschen brauchen evolutionär, psychisch und physisch: Bewegung. Dass die Bewegung in der modernen Wohlstandsgesellschaft einen immer geringeren Stellenwert einnimmt, ist eines der großen Probleme unserer – und vor allem der noch kommenden – Zeit.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 1-2/2023Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Schlagworte
envelope facebook social link instagram