Team Bora-hansgrohe, Taktik, Tour de France 2022
Team Bora-hansgrohe und die Taktik bei der Tour de France 2022

Teamtaktik

Team Bora-hansgrohe und die Taktik bei der Tour de France 2022

Das Ziel des deutschen Teams Bora-hansgrohe lautete: Podium. Doch im Verlauf der Tour de France änderte man die Taktik.
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17 Prozent Steigung – noch 200 Meter bis ins Ziel. Dies ist der Schlussanstieg: die Super Planche des Belles Filles. Ein Fahrer liegt vorne: Lennard Kämna. Der Anstieg wird immer steiler: 20, 21, 22 Prozent. Noch 100 Meter bis zur Ziellinie. Kämna fährt im Wiegetritt. Man sieht seinen Schmerz. Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar „fliegen“ von hinten heran. Und an Kämna vorbei – 90 Meter vor der Linie. Pogačar gewinnt im Sprint vor Vingegaard. „Das ist superschade, aber ich kann mir nichts vorwerfen. Ich hätte keine Sekunde schneller fahren können“, sagte Lennard Kämna im Ziel dieser siebten Etappe in den Vogesen.

Drei Tage später. Wieder ist Lennard Kämna einer der Protagonisten der Etappe. Wieder ist er in der Spitzengruppe. Wieder geht es bergauf. Am Schlussanstieg hinauf zum Flugfeld von Megève. Zwischendurch heißt der virtuelle Träger des Gelben Trikots: Lennard Kämna. Am Ende verpasst er es um nur elf Sekunden. Elf. Nach dem Zieleinlauf liegt er auf Rang zwei der Gesamtwertung. Für einen Tag.

Kämna war der „Joker“ im deutschen Team Bora-Hansgrohe. Er bekam seine Freiheiten. Das große Ziel der Equipe lautete: eine Top-Gesamtplatzierung   für den Russen Aleksandr Vlasov. In die Top Drei zu fahren, erschien als nicht unrealistisch – gerade angesichts seines starken Frühjahrs mit dem Sieg bei der Valencia-Rundfahrt, Platz drei bei der Baskenlandrundfahrt und dem Gewinn der Tour de Romandie.

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Team Bora-hansgrohe: Ziele und Taktiken

Auch bei der Tour de Suisse kurz vor dem Beginn der Tour lief es zunächst perfekt: mit einem Etappensieg und dem Gelben Trikot. Vlasov stand vor dem Gesamtsieg. Doch: Vor der sechsten Etappe musste er die Rundfahrt wegen einer Corona-Infektion aufgeben. Die Symptome waren gering – ein Tour-de-France-Start war möglich. Doch: Vlasov reiste nicht in seiner Top-Form nach Frankreich. Hinzu kam ein Sturz während der sechsten Etappe. Er verlor Zeit – und Chancen auf einen Podiumsplatz. „Er war bei jedem Rennen stabiler und besser als dummerweise bei der Tour. So einen Sturz steckst du nicht so einfach weg“, sagte sein Sportdirektor Rolf Aldag. Dennoch: In der Schlusswoche stabilisierte der Russe seine Form – und fuhr noch auf den fünften Gesamtrang vor.

Im deutschen Team entschied man sich nach den Alpen dazu, sich taktisch umzuorientieren – und sich mehr auf Etappensiege als auf das Gesamtklassement zu konzentrieren. Dabei setzte man vor allem auf die drei Deutschen Maximilian Schachmann, Lennard Kämna und Nils Politt.

Doch nach einem Sturz während der achten Etappe fand Schachmann erst in den Pyrenäen wieder zu seiner alten Stärke zurück. Nils Politt schaffte es mehrmals in die entscheidenden Spitzengruppen. Nach der 15. Etappe nach Carcassonne wurde er mit der roten Rückennummer des aktivsten Fahrers ausgezeichnet. Er wurde letztlich Etappen-73. „Ich wusste, dass es sehr schwer werden würde. Aber ich bin an solche Fluchtversuche gewöhnt und weiß, dass Radsport eben so ist. Darum bereue ich auch nichts“, sagte er.

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