Leichtgewichte
Leichte Rennräder 2022 im Test: Leichtgewichte ab 6,2 kg
in Test & Technik
Im Durchschnitt werden Rennräder derselben Preisklasse aktuell tendenziell: schwerer. Zu den Gründen zählen vor allem die neueren Ausstattungsvarianten – und die Anpassungen der Rahmen daran. Konkret: Die Scheibenbremssysteme, die Hydraulikleitungen, die an den neuralgischen Punkten verstärkten Gabeln und Hinterbauten sowie weitere Faktoren wie etwas breitere Reifen und elektronische Schaltungen. Dazu kommt: die enorme Inflation. Diese haben wir bereits in früheren Radtests und Kommentaren thematisiert und problematisiert.
Der Faktor „Gewicht“ gehört nicht zu den größten aktuellen „Trendthemen“ des Rennradmarktes. Dennoch gab es auch in diesem Bereich Entwicklungsschritte und Innovationen. Etwa hinsichtlich der Allround- und Alltags-Eigenschaften sowie der Robustheit einiger der aktuellen Leichtgewichts-Race-Modelle.
Einst galten leichte Rennräder als fragil, extrem unkomfortabel und wenig alltagstauglich. In diesem Bereich hat sich viel verändert – zum Positiven. So entwickelten einige Hersteller ihre Modelle mehr in Richtung von Allroundern, in die Richtung von mehr Dämpfungskomfort, „entspannteren“ Sitzpositionen und einer verbesserten Langstreckenausrichtung.
Das Cube Agree C:62 SLT ist ein solcher Allrounder. Es wurde hinsichtlich der Aerodynamik, aber auch der Langstreckentauglichkeit neu überarbeitet. Es rollt auf 28 Millimeter breiten Reifen, die Rohrformen sind abgeflacht, das Cockpit vollintegriert und aerodynamisch optimiert. Andere legten den Fokus mehr auf die Aerodynamik. Zu dieser Kategorie zählt etwa das aktuelle Trek Émonda, das seit 2020 auf Rohrformen und Technologien des Aero-Modells Madone zurückgreift. Das Parapera Atmos ist ein extremer Fall eines solchen Allrounders: Das Modell lässt sich auch auf leichten Gravelstrecken einsetzen und bietet eine Reifenfreiheit von bis zu 33 Millimetern. Es ist – je nach der Ausstattung – ein Radmarathon-Modell oder ein „Speed-Gravelbike“. Das Gewicht des Test-Parapera-Atmos in der Rahmengröße L beträgt nur: 6,45 Kilogramm.
Innovation und Preis
Am anderen „Ausrichtungspol“ dieses Testfeldes – dem extrem sportiven – sind etwa das Storck Aernario.3 Pro und das Canyon Ultimate CFR angesiedelt. Letzteres ist mit seinem Gewicht von 6,21 Kilogramm in der Größe M auch das leichteste Rad dieses Vergleichs. Sie sind reine kompromisslose Race-Modelle: leicht, steif, agil, mit einer „klassisch-aggressiven“ Geometrie.
Bei der Ausstattung der Testräder dominieren elektronische Schaltgruppen. Dazu zählen die drei Sram-Gruppen Rival, Force und Red, die seit Längerem auf Zwölffach-Kassetten setzen. Auch die neuen „Semi-Wireless“-geschalteten Shimano-Gruppen Ultegra und Dura-Ace sind in diesem Testfeld vertreten. Nur ein Testrad schaltet „noch“ mechanisch: das Parapera Atmos, ausgestattet mit einer Campagnolo Record.
Ein weiterer Trend – auch bei den Leichtgewichtsmodellen – ist die Reifenbreite: Fünf Räder rollen auf 28 Millimeter breiten Pneus, darunter die leichtesten Modelle in diesem Test. Die breiteren Reifen sorgen für einen höheren Dämpfungskomfort und somit mehr Langstreckentauglichkeit. Die Reifen des Giant- und des Lapierre-Testmodells sind ab Werk tubeless montiert – trotz des Mehrgewichts dieser Pneus. Häufig kommen in diesem Testfeld die Modelle der deutschen Hersteller Continental und Schwalbe zum Einsatz.
Aerodynamik-Tuning vs. leichte Rennräder
Generell gilt: Für die meisten Amateur- und Hobbyathleten lohnt es sich, je nach den Haupteinsatzgebieten, oftmals eher in ein Aerodynamik-Tuning beziehungsweise ein darauf optimiertes Rad zu investieren als in eine Leichtgewichtsmaschine. Dennoch: Im Gebirge sowie beim Parameter „Beschleunigungsfähigkeit“ werden die Vorteile eines geringen Gewichts deutlich.
Eine Berechnung dazu: Bewegt ein Fahrer ein Systemgewicht von 85 Kilogramm an einem fünf Kilometer langen Anstieg mit etwa sechs Prozent Steigung mit einer konstanten Geschwindigkeit von 15 km/h, so muss er durchschnittlich 236 Watt leisten. 0,5 Kilogramm weniger Systemgewicht „spart“ 1,2 Watt Leistung, der Fahrer kann 0,1 km/h schneller fahren. Die Fahrzeit von knapp 20 Minuten reduziert sich um sechs Sekunden.
Ein Nachteil vieler Leichtgewichts-Modelle ist: ihr oft hoher Preis. So kostet das „günstigste“ Rad dieses Testfeldes, das Specialized Aethos Comp, 5600 Euro. Seine Ausstattung: eine elektronische Sram-Rival-Gruppe. Das Gewicht: 7,85 Kilogramm in der Größe 56. Es zählt zu den schwereren Modellen des Testfelds. Der Preis des teuersten Testrads, des Trek Émonda SLR 9: 13.099 Euro. Die Highend-Modelle der Top-Hersteller werden leider für immer weniger Menschen erschwinglich. Für die allermeisten bleiben sie: Träume.
Leichte Rennräder: Diese Räder haben wir getestet
Marke | Modell | Preis | Gewicht | Prädikat |
Specialized | Aethos CompTestbrief | 5600 Euro | 7,85 kg | |
Cube | Agree C:62 SLT | 5699 Euro | 7,41 kg | Kauftipp |
Giant | TCR Advanced Pro 0 | 5799 Euro | 7,27 kg | Kauftipp |
Lapierre | Xelius SL 8.0 | 5899 Euro | 7,47 kg | |
Storck | Aernario.3 ProTestbrief | 6499 Euro | 7,0 kg | Race-Tipp |
Wilier Triestina | 0 SL | 7000 Euro | 8,09 kg | |
Chapter 2 | TOA | 7199 Euro | 7,52 kg | |
Parapera | Atmos DiscTestbrief | 7893 Euro | 6,45 kg | Allround-Tipp |
Canyon | Ultimate CFR | 8999 Euro | 6,21 kg | Race-Tipp |
Trek | Émonda SLR 9 eTapTestbrief | 13.099 Euro | 6,74 kg |
Die ausführlichen Testberichte lesen Sie in der RennRad 7/2022. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.
Die getesteten Rennräder in der Bildergalerie
Leichte Rennräder im Test – diese Redakteure testeten die Bikes: David Binnig, Leon Echtermann, Michael Hempfer, Jan Zesewitz