Tempohärte, VO2max, Trainingstipps
Tempohärte als Fähigkeit beim Zeitfahren: Trainingstipps

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Tempohärte als Fähigkeit beim Zeitfahren: Trainingstipps

Schneller: Mehr Geschwindigkeit im Flachen. Plus: Tempohärte und Zeitfahren. Mit diesen Trainingstipps und -Plänen.
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Allein mit dem Schmerz. Viele nennen es die ehrlichste Form des Wettkampfs – Mensch und Maschine gegen die Zeit, kein Windschatten, kein Taktieren, kein Antizipieren, einfach nur Treten, Kraft, Ausdauer, Schmerztoleranz: Das ist Zeitfahren. Auf was kommt es dabei an? Zum Beispiel darauf, ein möglichst hohes Tempo über einen langen Zeitraum aufrechterhalten zu können. Dies ist ein Trainingsziel für viele Hobbysportler. In dieser Disziplin haben oft schwerere, stabilere Athleten Vorteile gegenüber leichteren „Berg-Spezialisten“. Zudem kann der Rausch der Geschwindigkeit für Radsportler extrem motivierend sein. Umgangssprachlich nennt man es „Tempo bolzen“. Es ist eine der „Disziplinen“, der Notwendigkeiten des Rennradfahrens. Rennfahrer brauchen hier gewisse Fähigkeiten. Selbst bei schweren Alpen-Radmarathons kann die Tempohärte von großem Nutzen sein. Die gute Nachricht ist: Sie ist gut trainierbar. Für alle Fahrertypen und auch auf allen Leistungsniveaus.

Training und Fahrertypen

Wie sieht ein solches Training, ein solcher Formaufbau aus? Eine Antwort darauf besteht aus fünf Buchstaben und einer Zahl: VO2max – eine möglichst hohe maximale Sauerstoffaufnahme. Je höher sie ist, desto mehr Sauerstoff kann in den Muskeln umgesetzt und desto mehr Energie kann auf aerobem Weg zur Verfügung gestellt werden.

Das bedeutet: mehr absolute Energie aus Kohlenhydraten, der limitierenden Energiequelle. Der Fettstoffwechsel ist, vereinfacht gesagt, für die „Grundlagen-Energie“ oder, umgangssprachlich ausgedrückt, für das „Standgas“ verantwortlich. Alles weitere „on top“ kommt aus dem Kohlenhydratstoffwechsel – aerob oder anaerob.

Durch die aerobe Verstoffwechselung wird rund 16-mal so viel Energie erzeugt wie auf dem anaeroben Weg. Die Energieflussrate – die Energiemenge, die pro Zeiteinheit generiert wird – ist dagegen auf dem anaeroben Weg deutlich höher. Ergo: Ein sehr gut ausgeprägter anaerober Stoffwechsel geht damit einher, dass die „gespeicherte“ Menge der Kohlenhydrate schnell aufgebraucht ist.

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Anaerobe Kapazität

Ein Beispiel: Ein Sprinter beziehungsweise ein schnellkräftiger Fahrer „lebt“ im Finale eines Radrennens von seiner anaeroben Kapazität, konkret davon, kurzfristig eine hohe Wattzahl zu leisten – indem viel Energie in kurzer Zeit produziert wird. Das Leistungsprofil eines Zeitfahrers ist anders. Beim Zeitfahren muss man über einen längeren Zeitraum eine möglichst hohe Leistung bringen. Ergo sollte die anaerobe Kapazität nicht „zu gut“ ausgeprägt sein, damit man möglichst viel Energie aus den limitierten Speichern auf aerobem Weg erzeugen kann.

Dies ist der Hauptgrund dafür, dass die meisten Sprinter nicht gerade als gute Zeitfahrer bekannt sind – und umgekehrt. Ausnahmen wie der 14-malige Tour-de-France-Etappensieger Marcel Kittel, der sich von einem Zeitfahrspezialisten zu dem zeitweise weltweit besten Sprinter entwickelte, bestätigen in diesem Fall die Regel.

Der Parameter, der die anaerobe Kapazität definiert, heißt: maximale Laktatbildungsgeschwindigkeit oder kurz VLamax. Sie kann als Gegenspieler zur VO2max gesehen werden. Das bedeutet: Eine Kombination aus einer hohen VO2max und einer niedrigen VLamax sind die idealen Voraussetzungen für eine hohe Tempohärte und gute Zeitfahr-Leistungen. Demnach muss man sich als Athlet die Frage stellen: Wie erreicht man eine möglichst hohe VO2max – und eine niedrige VLamax?

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Kurze intensive Intervalle im Winter – und lange Ausdauerfahrten im Frühjahr. Ein Weg zu mehr Effizienz?

Die VO2max: Das Training

Die maximale Sauerstoffaufnahme wird dadurch trainiert, dass man viel Sauerstoff im Training umsetzt. Was einfach klingt, ist auch so – meistens zumindest. Wahrscheinlich verbinden die meisten ein VO2max-Training mit harten, schmerzhaften Intervallen, die einen an den Rand des Machbaren bringen. Diese sind ein adäquates Mittel.

Aber auch ein Steigern des Umfangs mit mäßigen bis geringen Intensitätsgraden bewirkt eine Erhöhung der VO2max. Zwar wird dabei weniger Sauerstoff pro Zeiteinheit umgesetzt als bei intensiven Intervallen – angesichts der längeren Trainingsdauer jedoch insgesamt mehr. Auch an diesen lang andauernden Trainingsreiz passt sich der Organismus an.

Intervall-Training für die Tempohärte

Warum dann hartes Intervall-Training? Zum einen, weil dieses für die „Tempohärte“ notwendig ist – zum anderen, da der für die maximale Sauerstoffaufnahme entscheidende Parameter weder die Muskeln noch die Lunge ist. Sondern das Transportsystem. Je mehr das Herz transportieren kann und je mehr Transportvehikel, ergo rote Blutkörperchen vorhanden sind beziehungsweise je mehr davon pro Minute „gepumpt“ werden, desto mehr Sauerstoff kann transportiert werden.

Die harten Intervalle fordern und fördern dieses Pump-Volumen des Herzens. Denn auch dieses ist ein Muskel, der sich an Reize anpasst. Erst in Form einer Ökonomisierung, dann, später, durch eine Vergrößerung der Herzhöhle. Somit setzt man, vereinfacht ausgedrückt, mit den harten Intervallen den zentralen Reiz – und mit den Umfängen den peripheren.

Ergo führen zwei Wege an das Ziel, die VO2max zu steigern: sehr intensive Intervalle und eine Steigerung der Umfänge im Grundlagenbereich. Ein „bestes“ Mittel im Sinne eines einzigen Schemas gibt es demnach nicht. Für viele Situationen bietet sich eine Form des polarisierten Trainings an.

Das heißt: Man trainiert Grundlagen-Einheiten niedrigintensiv – und Intervalle extrem intensiv. Die Relation zwischen diesen Trainingsformen kann etwa, laut vieler Studien,  zwischen 80 bis 90 und zwischen zehn und 20 Prozent liegen.

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Aus etlichen Studien weiß man, dass man für eine Leistung von 100 Watt pro Minute 1400 Milliliter Sauerstoff benötigt – und für jedes weitere Watt aerob rund zwölf Milliliter. Ein Beispiel-Athlet hat eine Functional Threshold Power, FTP, von 280 Watt. Somit liegt seine Grundlagenzone um rund 180 Watt. Für das folgende Beispiel vereinfachen wir die Bedingungen etwas und vernachlässigen zum Beispiel den anaeroben Zuschuss an Energie

Die VLamax

Für alle, die ihre Tempofestigkeit beziehungsweise ihre Zeitfahr-Qualitäten verbessern wollen, gilt: Da die VLamax den Gegenspieler des aeroben Systems darstellt, ist es sinnvoll, diesen Parameter möglichst „kleinzuhalten“. Denn der Organismus soll nicht „lernen“, anaerob auf die Kohlenhydrate zurückzugreifen.

Die Rolle der Ernährung: Wer sich sehr kohlenhydratlastig ernährt, verstoffwechselt in der Regel auch im Training viele Kohlenhydrate. Oftmals müssen diese Athleten schon früh im Training, nach 1,5, zwei oder 2,5 Stunden, Kohlenhydrate zuführen, um einen Hungerast zu vermeiden. Diese Fahrer haben meist eine relativ hohe VLamax: Ihr Körper greift stark auf Kohlenhydrate zurück, da er darauf trainiert wurde. Die Folge: Während einer Belastung sind die körpereigenen Glykogenspeicher oft früh geleert.

Dies gilt es im Ausdauersport – gerade etwa bei Radmarathons – zu vermeiden. Daraus ergibt sich bereits eine potenziell effiziente Trainingsform: das Low-Carb- oder Nüchtern-Training. Einheiten mit nicht ganz gefüllten Kohlenhydrat-Speichern zu absolvieren, kann den Körper „lehren“, mit limitierten Zuckerspeichern umzugehen. Die Dauer dieser Einheiten kann langsam gesteigert werden. Diese Trainingsform bedeutet anfangs weder no carb noch no calories noch Nüchterntraining. Sondern schlicht: ein Training mit weniger Kohlenhydraten als zuvor üblich.

Konkret könnte man demnach vor der Ausfahrt fett- und eiweißreich essen – und somit Kohlenhydrate „sparen“ und dennoch Kalorien zuführen. Verzichtet man zusätzlich noch in den drei Stunden vor dem Training auf eine weitere Nahrungszufuhr, resultiert dies in einer klar geringeren Kohlenhydrat-Verfügbarkeit.

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Für eine Leistung von 100 Watt werden pro Minute 1400 Milliliter Sauerstoff benötigt – für jedes weitere Watt aerob rund zwölf Milliliter. Der Sauerstoffumsatz während rund 1,5 Stunden Grundlagen-Training: rund 192 Liter.

Die Periodisierung

Die Periodisierung erscheint manchen Trainern und Sportlern als ein etwas antiquierter Begriff. Der Stand der Forschung zu den traditionellen Modellen der Periodisierung und der Superkompensation ist recht dürftig und basiert noch immer auf Ergebnissen aus teils anderen Forschungsrichtungen. Periodisierungs-Modelle sollten zu den eigenen Anforderungen passen. Ein Hobbyfahrer, der sechs Stunden pro Woche Zeit für sein Training hat, muss dieses ganz anders planen und ausführen als ein Semi-Profi, der 30 oder 35 Stunden wöchentlich in seinen Sport investiert. Die Lösung lautet: Individualisierung.

Ziel ist in allen Fällen, sein Training zu strukturieren. Es möglichst strategisch, sinnvoll und effizient zu gestalten. Zu den Anfangsfragen zählen etwa: Wann sind die Haupt-Wettkämpfe, wann will man in Topform sein, wann kann man regenerieren?

Das Planen ist die eine Seite der Trainingsperiodisierung – das spontane Reagieren die andere. Denn oft genug passiert Ungeplantes, wie etwa Krankheiten, soziale Ereignisse, private und Arbeits-Stressfaktoren, die die Erholung beeinflussen. Ein erfahrener Trainer kann dabei helfen, die Trainingspläne und den Formaufbau schnell an diese neuen Gegebenheiten anzupassen.

Ohne eine Anleitung lautet das Risiko in solchen Situationen in der Regel: Übertraining. Denn ein von vielen Hobbyathleten oft begangener Fehler ist, sein geplantes Training auch in Hochstressphasen unbeirrt durchzuziehen. Zu einem Zeitpunkt, an dem man eigentlich deutlich mehr Erholung beziehungsweise längere Regenerationszeiten vom Alltag und vom Training bräuchte.

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Blockperiodisierung nach Issurin

Die Art der Periodisierung ist fast eine philosophische Frage. Seinen Ursprung hat das klassische Modell in der Fließbandarbeit, als Manager einen Weg suchten, die Arbeit effizienter zu gestalten. Lew Matwejew hat dies dann für den Sport weiterentwickelt und in der Sowjetunion bei Gewichtshebern erfolgreich angewendet. Seither haben sich einige Formen daraus abgeleitet.

Eine, neben der klassischen Belastung-Erholung-Struktur über zeitliche Zyklen mittlerweile bekannte Form ist die Blockperiodisierung nach Issurin. Dabei wird, grob gesagt, der Fokus auf die Entwicklung eines physiologischen Parameters in je einem Trainingsblock gelegt.

Zum Beispiel plant man in einer Woche fünf harte VO2max-Einheiten ein – mit einer absichtlich zu geringen Erholungszeit, um danach zwei Wochen lang die Intensität niedrig zu halten und jeweils nur eine harte Einheit zu trainieren. Und schließt eine vierte Regenerationswoche mit ausschließlich niedrigintensiven Einheiten an. So gibt man dem Körper Zeit, um sich an diese intensiven Trainingsreize anzupassen. Diese Vorgehensweise zeigte in vielen Studien eine besonders hohe Effizienz.

Intensive Intervalle für mehr Tempohärte

Die klassische Variante wäre dagegen, nach jeder harten Intervall- beziehungsweise High-Intensity-Training-Einheit zumindest 48 Stunden zu pausieren oder nur kurz und niedrigintensiv zu trainieren.

In einer Einzelfallstudie konnten Ronnestad & Hansen bei einem sehr gut trainierten 37-jährigen Radfahrer – mit einer VO2max über Jahre hinweg zwischen 65 und 76 Milliliter pro Minute und Kilogramm – mit einer Blockperiodisierung und einem Mix aus kurzen VO2max-Intervallen von vier- bis achtmal vier bis sechs Minuten und Mikrointervallen, etwa von 3 x 13 x 30/15 Sekunden, eine signifikante Steigerung der VO2max erzielen: auf 87 Milliliter/Minute/Kilogramm. Eine Einzelfallstudie ist zwar nicht repräsentativ – diese zeigt jedoch, dass auch die VO2max keine starre genetisch vorgegebene Größe, sondern mit dem richtigen Plan durchaus gut trainierbar ist.

Doch wie geht man nun konkret vor, um die VO2max möglichst hochzuschrauben und die VLamax möglichst niedrig zu halten? Viel spricht dafür, die altgediente Herangehensweise zu ändern.

Im Winter und Frühjahr Grundlage trainieren

Zum Beispiel ist ein Ansatz, die Entwicklung der VO2max in den Wintermonaten zu planen. Dies hat etwa den Vorteil, dass die Indoor-Trainings-Einheiten auf dem Hometrainer beziehungsweise der Rolle kürzer sind – und dass die unvermeidbare Laktatproduktion das zweite Ziel in dieser Saison-Phase nicht weiter stört.

Zudem wird die VO2max weiter stimuliert, wenn sich die Dauer der Einheiten mit der Länge der Tage im Frühjahr langsam erhöht. In dieses Schema passt auch ein klassischerweise im Frühjahr durchgeführtes Trainingslager, während dem man durch lange niedrigintensive Einheiten die VO2max nochmals steigern kann. So startet man mit einer gut ausgebildeten hohen Sauerstoffaufnahme in die Saison, in der man versucht, die VLamax zu senken und die VO2max hoch zu halten. Dies wäre ein neuer, ein anderer Ansatz.

Traditionell heißt es für den Jahresplan: im Winter und Frühjahr viel Grundlage trainieren und dann nach und nach mehr und intensivere Intervalle. Dies könnte man ganz einfach „umdrehen“ – beziehungsweise umdenken.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 9/2020Hier können Sie die Ausgabe als E-Paper oder Printmagazin bestellen.

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Training – Steigerung der VO2max: Dafür haben sich vor allem intervallartige Trainingsformen durchgesetzt – von kurzen 30-sekündigen Mikrointervallen bis hin zu längeren 4-8-Minuten-Intervallen. Die Studienlage ist vor allem dank skandinavischer Forscher heute sehr breit und fundiert. Die 30-Sekunden-Intervalle wurden etwa sehr detailliert von Ronnestad et al. erforscht, welche deren Wirkungsweise auf die FTP und die VO2max eindrucksvoll belegen konnten. Generell ist die Zeitspanne, die im hochintensiven Bereich verbracht wird, entscheidend. Ein Beispiel: 30/15-Sekunden-Intervalle. Da es unmöglich ist, sich längere Zeit über 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz, oder auch der VO2max, aufzuhalten, wählt man Intervalle, bei denen die Volumen-Arbeit des Herzens groß ist. Hier: 30 Sekunden im VO2max-Bereich. Während der kurzen Erholungszeit von 15 Sekunden arbeitet das Herz-Kreislauf-System aufgrund seiner Reaktionsträgheit intensiv weiter. Daher kann man die gesamten 45 Sekunden des Intervalls als HIIT-Training verbuchen – und kommt so mit zehn Intervallen auf eine Gesamtdauer von 7,5 Minuten

Hier können Sie Trainingspläne zur Steigerung des VO2max und zur Senkung des VLamax herunterladen.

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